Advent: Das herrliche Gefühl,
wenn der vierte Glühwein im Magen im Magen eine Bratwurst ertränkt,
wenn im Gewürznebel des Weihnachtsmarkt ein Elch sein elektrisches
Geweih einschaltet, nach dem fünften Glühwein himmelaufwärts
fährt und alle Sorgen mit sich nimmt. Man wacht auf, siehr über
sich eine zärtliche Sanitäterin, die leise "Tochter Zion
freue dich" singt.
Allerorten
lassen sich die Menschen von der schönsten Zeit des Jahres in
den Bann ziehen. Ins Kanzleramt zu Berlin tragen berittene Boten
Gewürze, Golddukaten und Kredithebel aus Elfenbein. Die Kanzlerin
schmückt den Weihnachtsbaum persönlich. An jeden Zweig baumelt
ein entmachteter Regierungschef, blinzelt lustig und freut sich,
im Warmen zu sein. In Italien backt jede Mama die leckeren Papardelle,
jene aus Zimt und Anis hergestellte Papstmützen, die mit einem
Fusstritt eingedellt werden. In Griechenland trennt der Hausherr
mit einem scharfen Schuldenschnitt das Fett von der gebratenen
Lammschulter und schafft es ins Ausland. Dann werden die Schulden
des vergangenen Jahres verbrannt - da die Feuerwehr streikt,
spiegeln sich die Flammen noch bis Ostern in der Ägäis.

Die
Österreicher vertreiben sich die Adventszeit mit dem sogenannten
Golatschn, bei dem für einen Abend die Welt kopfsteht. Kabarettisten
verkleiden sich als Politiker, und Staatsbeamte laden alle jene
zum Essen ein, von denen sie im vergangenen Jahr die dicksten
Umschläge bekommen haben. Dann strömt alles ins Freie und guckt
den zusammenkrachenden Banken zu. Weill alle ihre Kleider und
die Überzeugungen tauschen, weiss bald niemand mehr, in welchem
Bezirk der Weihnachtsmann wohnt.
Verborgen
blieben bisher die Festbräuche unserer Rechtsextremisten, die
sich in ihrem Habitat aus verfallenen Plattenbauten, Opel-Werkstätten
und Bierhallen absonderten. Dank der akribischen Ermittlungsarbeit
staatlicher Aufklärer wissen wir jetzt mehr. Zum Fest wird eine
Nordmanntanne mit eisernen Kreuzen geschmückt, der Ortsgruppenleiter
tritt als Nikolaus auf und erklärt die totale Besinnlichkeit,
womöglich totaler und radikaler, als es sich alle vorstellen
können. Auf den Gabentisch stehen Modellpanzer der Wehrmacht
und ein Jahresabo für den "Landser". Getrunken wird
Glühwein aus Mecklenburger Lagen ohne dieses Kardamon.
Feiner
geht es bei der Adventsfeier des FC Bayern zu, wo der Präsident
erst einige dieser fanatisierten Ultras durch seine vergoldete
Wurstmaschine dreht. Dann bekommt jeder Spieler eine Saffianlederhose,
ein Etui für seine Spielerfrau und einen Porsche mit Abreisskarte
für zehn Polizistenbeleidigungen.
Schwül
mag es dagegen der unter dem Kürzel DSK bekanntgewordene Politiker.
In seinem 4500-Quadratmeter-Loft in bevorzugter Pariser Lage
brennen die Kerzen lichterloh. Lieferanten laden Geschenkpakete
ab, aus denen leises Gekicher zu hören ist.
Diese
kleine Tour d'Horizon soll jetzt aber niemand einschüchtern.
Auch in einer Zweizimmerwohnung lässt es sich besinnlich feiern.
Holen Sie sich einfach einen Karpfen von der Strasse, und trinken
Sie ein Glas Glühwein mit ihm. Später essen Sie ihn einfach
auf.
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