Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (23. Oktober 2011)
 
   Tretmine Tagebuch
 

   Seit dieser Woche sind Männer auch nicht mehr das, was sie mal waren. Blicken misstrauisch in die Welt, wirken abwesend, unkonzentriert. SInd noch schlechtere Zuhörer, als sie es ohnehin schon waren.

   Und das alles nur wegen eines Artikels in dieser an sich lobenswerten Zeitung. Zwei Drittel aller jungen Frauen zwischen 15 und 24 Jahren, war vergangenen Sonntag in diesem Blatt zu lesen, schrieben Tagebuch. Selbst im gesetzteren Alter könnten manche nicht die Finger davon lassen.

   Nicht wenige Männer, die das lasen, haben sich hilfesuchend an die Telefonseelsorge unserer Redaktion gewandt. Muss das sein?, haben sie gefragt. Es gibt doch so hübsche Dinge, mit denen Frauen sich die Zeit vertreiben können. Schuhe kaufen, Sie der Freundin vorführen. Gemeinsam zum Umtauschen. Hinterher ein Gläschen Prosecco. Prösterchen.



   Um uns die Tragweite des Problems vor Augen zu führen, bedarf es höherer Mathematik. Zwei Drittel aller jungen Frauen heisst nichts anderes als zwei von drei Frauen, 20 von 30 Frauen, 200 von 300 Frauen. Da kommt, je nach Lebensstil, ganz schön was zusammen.

   Es ist ja nicht so, dass man als Mann etwas zu verbergen hätte und wegen der potenziellen Veröffentlichung einzelner Passagen auf Facebook nicht mehr ruhig schlafen könnte. Aber man weiss ja, wie das läuft. Wie schnell ist etwas hingeschrieben, aus der Laune eines Augenblicks heraus. Hinterher stehen hässliche Dinge da, die man so vielleicht gar nicht gemeint hat: "Elendiger Chauvi"; "Schneidet sich die Fussnägel am Küchentisch"; "Das Sackgesicht hat keinen Schimmer vom Körper einer Frau"; "Einfach abgehauen! Dreckschwein!"

   Was heisst das überhaupt, "Sackgesicht", "abgehauen", Dreckschwein", "Küchentisch"? Mit etwas Distanz hätte frau es vielleicht ganz anders formuliert. "Wie grossherzig von ihm, mir die Möglichkeit eröffnet zu haben, dass ich mich ohne ihn ganz anders entfalten konnte." Klingt gleich ganz anders.

   Natürlich, es ist das gute Recht einer jeden Frau, Tagebuch zu führen. Aber muss das unbedingt schriftlich sein? Wo doch jeder weiss, das es - vom Mann abgesehen - kein launischeres oder mehr von Hormonen fremdbestimmtes Wesen gibt als das Weib. Sind Tagebucheinträge datenschutzrechtlich okay? Müssen sie nicht von den handelnden Personen autorisiert werden? Oft hört man, es sei heilsam, sich etwas von der Seele zu schreiben. Leben wir im Mittelalter? Dafür gibt es Medikamente!



   Natürlich verfassen auch Männer Tagebücher, aber nur jeder fünfte. Und sie machen es anders, wie das deutsch-österreichische Satirikerduo Stermann & Grissemann in seinem Standardwerk "Speichelfäden in der Buttermilch" belegt. Unter "Las Vegas, 5.8.97" findet sich folgender Eintrag: "Stermann nervt mit seinen sexuellen Vorlieben. Er ist ständig auf der Suche nach Frauen, die aussehen wie Max Schautzer, also Halbglatze, Hut und keine Ausstrahlung. Und das Allerschlimmste: Er findet ständig welche."

   Klingt verbindlicher, gelassener. Es geht auch ohne Sackgesicht.
 

 

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