
Normalerweise
lassen wir an dieser Stelle die zurückliegende Woche Revue passieren.
Wenn wir nun vom jahrzehntelang erprobten Konzept abweichen
und in die Zukunft schauen, dann muss es dafür einen guten Grund
geben. Wir tun es deshalb, weil die Welt von Montag an eine
andere sein wird.
Am Montag, 5.30 Uhr,
findet am Stuttgarter Hauptbahnhof die "erste Frauen-Sitzblockade
gegen Stuttgart 21" statt. Motto: "Aus!Sitzen. - Jetzt
stoppt frau den Bau!" Da stellt man sich zwangsläufig zwei
Fragen. Erstens: Warum erst jetzt? Zweitens: Warum so früh?
Lassen
wir uns die Frage zwo zuerst beantworten. Wenn frau um 5.30
Uhr am Stuttgarter Hauptbahnhof sitzblockiert und Bahn-Chef
Grube um 6.30 Uhr verkündet, dass er das leidige Bahnprojekt
beerdigen wird, dann stehen die Chancen ganz gut, dass frau
rechtzeitig wieder daheim ist, um den Kindern das Nutellabrot
zu schmieren.
Das Warum-Jetzt? gestaltet
sich schwieriger. Da ist man auf Vermutungen angewiesen. Vielleicht
liegt es daran, dass frau gern gut gerüstet in den Kampf zieht.
Aus diesem Grund trifft frau sich bereits am Sonntag. 13 Uhr,
in der Volkshochschule Stuttgart. Im "Workshop von Frauen
für Frauen" geht es um "neue Dimensionen des Protests",
"gewaltfreie Kommunikation", "bedingungsloses
Grundeinkommen", "X-Achsen-Demokratie selbst machen".
Es
ist uns eine Herzensangelegenheit, daran zu erinnern, dass frau
schon immer Teil der Bewegung war. Da gibt es etwa die Gruppe
ArchitektInnen für K 21, ein Zusammenschluss von HäuslebeuerInnen,
die sich in den Gleisbau vertiefen. Und BUND-Chefin Brigitte
Dahlbender, eine Art Maggie Thatcher der Öko-Bewegung, die immer
wieder ihre helle Stimme im Schlosspark erhob. Nun aber machen
die Frauen gemeinsame Sache und treten auf wie ein Mann.
Bei
all der Euphorie sollte man nicht vergessen, dass Aussitzen
von Haus aus eine eher konserative Disziplin ist. In der Union
war das üblich, als sie noch nicht von einer Frau, sondern von
einem dicken Mann geführt wurde.
|