Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. Oktober 2011)
 
   Wichtige Trends im Herbst
 

   Herbst: Vogelschwärme ziehen nach Griechenland, wo sie für ihr angestammtes Winterquartier unversehens einen Übernachtungsgutschein kaufen müssen. Aus dem Nebel aufsteigende Schwermut lässt selbst vorbeihastende Kamelhaarmäntel Gedichte erfinden und Frauen eimerweise Make-up in der Trendfarbe Grau kaufen. Kinder malen Krisenszenarien auf die beschlagenen Scheiben der elterlichen Geländewagen. Wer nicht aufpasst, tritt in eine Schuldenfalle oder rutscht auf achtlos weggeworfenen Euro-Noten aus.

   Zu den unvermeidbaren Begleitern des Herbstes zählt die Herbstmode. Was trägt man in der Krise? Die Designer bevorzugen ein verzweifeltes Braun, bieten aber auch Praktisches: Stoffe, die ein unabsichtiges Versenden von E-Mails oder SMS-Nachrichten verhindern. Wer einen Konkurrenten beleidigt, seiner Ex-Frau die Pest an den Hals wünscht oder sinnlose Mitteilungen via Facebook oder Twitter absondert, muss sich keine Sorgen machen. Alle in der ersten Wut abgefeuerten elektronischen Nachrichten verfangen sich im Schlingengewebe und flitzen drei bis vierhundertmal im Kreis herum. Abends ist der Zorn verraucht, man schüttelt alles aus und kehrt die angesammelten Beleidigungen zusammen.



   Zitronengelbe Regenmäntel mit Taschen, die bis zu drei Billionen Euro fassen, sind genauso im Trend wie zweckmässige Burn-out-Overalls. Daneben setzt die Szene auf die klassischen Stilelemente des Bankrotteurs: Aus Lehmann-Blech gefräste Wintermäntel, die das Meer der Tränen aus den Handelszentralen der Finanzmärkte geordnet ableiten. Ein Strick als Krawatte darf nicht fehlen. Wer sich dafür entscheidet, sollte immer mit grossem Fuss (Auerochsen-Schnürstiefel) Die Hosengürtel haben nur noch ein Loch und lassen sich deshalb nicht mehr enger schnallen.

   Dagegen ist die Politik modisch orientierungslos. Viele Liberale lassen die Hemden jetzt oben offen und nähen Schulterpolster mit fünf Pfund Daueroptimismus und einem Rest freiheitlichen Gedankenguts ein. Der Kaschmiranteil bleibt unter der 5-Prozent-Schwelle. Konserative binden ihre Krawatten, als wäre es das letzte Mal. Grüne experimentieren mit Augenklappen und Holzbein, um sich für jüngere Wählerschichten interessanter zu machen.

   Foklore wird grossgeschrieben: Das aufstrebende Label Scotch und Narco bieter mexikanische Sweater mit Kapuzen an. die stabilen Seitenhalt bis Kaliber 13.2 bieten und je nach Drogenkartell bedruckt werden können. Deutsche Truthähne tragen Lederhose und Dirndl, bevor sie sich in den Bierzelten, den Schlachtstätten des guten Geschmacks, die Hälse zuschütten. Literaturstudenten in Schwarz hängen kopfüber an den Strassenlaternen, weil H & M gerade den Fledermaustrend ausgerufen hat. Die Müllabfuhr bleibt orange.

   Das wären, kurz zusammengefasst, die wichtigsten Herbstrends. Wie? Sie brauchen jetzt noch einen klaren Anziehtipp? Dann nehmen Sie den Nude-Style. Hier gehen Haut und Haar Ton in Ton ineinander über und anschliessend shoppen - auf Kredit natürlich. Man hat nichts, zeigt aber alles. Allen anderen Trends zum Trotz ist das der Look des Herbstes.

 

 

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