Dieser Text ist Edmund Stoiber
gewidmet. Vergangenen Mittwoch, eigentlich die ganze vergangene
Woche, wurde sein 70. Geburtstag gefeiert. Ist halt ein ganz
Grosser gewesen, der Herr Stoiber. Hat in Bayern als erster
deutscher Regierungschef der Neuzeit einen Landeshaushalt ohne
Schulden vorgelegt - und das zu einer Zeit, als alle noch glaubten,
Staaten könnten nicht pleitegehen. Wurde fast Kanzler. Stolperte
dann über eine Dame, über die er Nachforschungen anstellen liess.
Die Dame entpuppte sich später als ziemlich seltsame Person.
Tragisch, das alles.
Stoiber war ein
Mann, der zu viel wusste. Er dachte, er müsse alle Akten, die
ihm seine Beamten auf den Tisch legen, auch tatsächlich lesen.
Das war ein Fehler. Wenn er was erklären musste, flatterten
die Vermerke und Vorlagen in seinem Kopf wild durcheinander.
Dann kamen aus seinem Mund Sätze heraus, übder die man, äh,
noch heute lachen kann. Sätze wie "Der Vater des Wunsches
ist hier Gedankengang".
Apropos
Vater: Nächste Woche erscheint ein neues Vaterbuch. Früher war
Väterliteratur, wenn sich Söhne schriftstellerisch an ihren
Vätern und deren Rolle im Dritten Reich abarbeiteten. Heute
schreiben Väter übers Vatersein, also über ihre kleinen Söhne
und Töchter, die sich aber noch nicht so gut ausdrücken können,
weshalb die Väter eigentlich meist über sich selbst schreiben.

Das
neue Vaterbuch ist von Falk Osterloh, einem 35-jährigen Berliner.
Er entstammt einer ganz anderen Generation als Edmund Stoiber.
Während Stoiber die Nullverschuldung anstrebte, ist eines der
Lebensziele von Osterloh, "in meinem Leben einmal 10 000
verschiedene Biere getrunken zu haben", wie er auf seiner
Homepage verrät.
Trotz dieses anspruchsvollem
Programms hat es Osterloh nebenbei geschafft, in den letzten
drei Jahren gleich zwei Jungen zu zeugen und sich auch noch
um sie zu kümmern. Das blieb nicht ohne Folgen: "Ich
betrachtete nächte- und tagelang Babyaugen, Babynase, Babymund,
würgte nach Babynahrung, strahlte nach Babyverdauung, über Familien-
und Menschwerdung eine Geschichte zu schreiben."
Soweit
Osterloh. Sein Roman heisst übrigens "Die Windel fällt
immer auf die Butterseite". Am 27. Oktober wird er in Berlin
an den Schauplätzen seines Buches Szenen daraus lesen. Schauplätze
sind unter anderem ein Kindercafé, ein Kindermuseum sowie ein
Laden, der Mode für Schwangere verkauft.
Laut
Osterloh steckt die Väterliteratur noch in den Kinderschuhen,
vielleicht liegt sie auch erst in den Windeln. Noch hat nicht
jeder Vater seine Erlebnisse aufgeschrieben. Allein in unserer
Redaktion sind in letzter Zeit drei Kollegen Vater geworden.
In den Vätermonaten werden sie neben ihrem Kind sitzen und sich
Notizen machen. Es kommt also noch einiges an windelvoller Weltliteratur
auf den Leser zu.
Man kann Edmund Stoiber
vieles vorwerfen. Dass er politisch zu weit rechts war oder
dass er sich zu wenig um seine drei Kinder gekümmert hat. Aber
er hat immerhin kein Vaterbuch geschrieben. Danke, Edmund Stoiber.
Danke.
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