Im Bemühen, die Welt mit
jedem Erscheinen dieser Kolumne ein klein weniger freundlicher
aussehen zu lassen, wollen wir heute mit einem Vorurteil aufräumen.
Es geht um die Annahme, dass Geld den Charakter verdirbt. EIne
typisch linke These, vermutlich erfunden von einem armen Schlucker,
der damit versuchte, seinen chronischen Geldmangel zu adeln.
Vielleicht steckt auch ein knausriger Sklaventreiber dahinter,
der seine Vasallen bei der nächsten Gehaltsverhandlung mit der
Behauptung über den Tisch ziehen wollte, dass nur ein kärglicher
Salär Garant für einen guten Charakter sei.
Ich
muss zugeben, dass auch ich in meiner Jugend für den Geld-verdirbt-den-Charakter-These
empfänglich war, kurzzeitig sogar mit dem Kommunismus geliebäugelt
habe. Meine Motivation kam weniger aus der politischen Ecke.
Mir ging es darum, finanziell potentere Konkurrenten auf dem
Schulhof vor den Augen der Damen als Charakterschweine erscheinen
zu lassen.
Nachdem diese Woche vier
deutsche Millionäre in der "Zeit" meinten, dass sie
bereit wären, höhere Steuern zu zahlen, fällt einem das Reichen-Bashing
schwer. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehört der Popstar
Marius Müller-Westernhagen, zu dessen Reichtum auch ich durch
den Kauf diverser Schallplatten einen nicht unerheblichen Beitrag
geleistet habe.
Ich hör sie schon unken,
meine altlinken Kumpel: "Diese Schweine, jetzt haben sie
uns auch noch genommen, dass wir sie hassen dürfen!" Freunde,
Genossen - vielleicht wäre es gewinnbringender, die Gunst der
Stunde zu nutzen und unser Verhältnis zum Mammon zu überdenken.
Wie sieht es beispielsweise mit der Behauptung aus, Geld allein
nicht glücklich macht? Wurde uns das nicht von armseligen Erziehungsberechtigten
eingebläut, damit sie uns nichts vom Kindergeld abgeben mussten?
Was
soll das heissen: Geld allein macht nicht glücklich? Schon klar,
dass man zum Glücklichsein auch Freunde braucht. Wie aber soll
man die sich ohne Geld kaufen?
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