Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (31. Juli 2011)
 
   Und es war Sommer
 

   Deutschland, Juli 2021. Wieder ein total verregneter Sommer, der zehnte in Folge. Millionen Deutsche haben richtig schlechte Laune. Angela Merkel auch. In ein paar Wochen will die Kanzlerin wiedergewählt werden, zum vierten Mal seit 2009. Das muss sein, wer soll sonst den Euro retten, und zwar endgültig?

   Die Kanzlerin braucht also möglichst viele schöne Bilder, für die gute Stimmung, sonst nehmen ihr die Leute den Frankreich-Soli noch übel. Den hat Schwarz-gelb gerade erfunden, um den zahlungsunfähigen Nachbarn wieder auf die Beine zu helfen, ohne den die Währungsunion nach dem Ausscheiden aller übrigen Mitgliedsländer nun wirklich mausetot wären. Denn eine Währungsunion, der nur noch Deutschland angehört, hat ja irgendwie auch keinen Sinn. Aber wie soll das gehen, optimistische Fotos, ganz ohne Sonne?

   Neulich in Bayreuth zum Beispiel, bei den Wagner-Festspielen. Eröffnet wird mit einer konserativen Inszenierung des "Parsifal" von Oliver Pocher, die bei der Kritik durchfällt, woraufhin Pocher als Arte-Moderator hinschmeisst und die Intendanz von Schlingensiefs Operndorf in Afrika übernimmt. Der Himmel ist fast schwarz, seit Stunden fällt Sturzregen auf den grünen Hügel. In ihrer Not hat die Kanzlerin sich für eine lachsfarbene Robe aus Neopren entschieden - Regenschirme gehen gar nicht in einem Wahljahr. Das Material ist leider etwas störrisch und steht am Dekolleté unvorteilhaft ab. Noch auf dem roten Teppich läuft es voll Wasser, und weil das nicht abfliessen kann, auch daran ist das Neopren schuld, da es an der Hüfte zu eng anliegt, schwimmt die Kanzlerin auf.



   Flinke Fotoredakteure versuchen zu retten, was zu retten ist, so wie 2005, als Bayreuther Schwitzflecken der Kanzlerin einfach weggeklickt wurden. Aber es hilft nichts, jämmerlich ersaufen suie an ihren Macs. Aus Paris meldet sich Karl Lagerfeld und erklärt, Merkels Drama sei, "dass sie nicht ich ist". Die Wiederwahl ist fraglicher denn je.

   Immerhin, Guido Westerwelle macht bella figura. Der Vizekanzler, von der FDP reumütih rehabilitiert, nachdem sein Vorgänger Philipp Rössler vorgeschlagen hatte, technisch begabten Rentnern das Altersgeld zu kürzen, wenn sie sich nicht zu Wiederaufbauarbeiten in Griechenland verpflichten, hat die Liberalen wieder auf die Siegerstrasse gebracht. Gemeinsam mit Partner Michael Mronz erschien er in Bayreuth im wasserfesten Latexanzug, hinter ihnen Christian Lindner, den die beiden nach seinem Scheitern adoptiert haben. Nach weiteren Familienmitgliedern hält man Ausschau, es soll Gespräche mit Rainer Brüderle geben, der den Fraktionsvorsitz nur räumen will, wenn er auch adoptiert wird.

   Es regnet in Strömen. Ostdeutsche Campingfreunde werden von der Mecklenburger Seenplatte gespült und reisen entnervt heim. Dabei hatten sie ihre Schlafsäcke dieses Mal zentimeterdick mit Vaseline präperiert. Westdeutsche Urlauber zahlen Mondpreise für eine Woche in einem Dixie-Clo auf Mallorca, sie wollen nur noch weg. In Stuttgart findet die Präsentation des 28. Stresstests zu Stuttgart 21 statt, moderiert von Heiner Geissler, als sich für einen Moment die Sonne zeigt. Geissler (91) blinzelt kurz - da ist sie auch schon wieder weg.

 

 

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