Deutschland, Juli 2021.
Wieder ein total verregneter Sommer, der zehnte in Folge. Millionen
Deutsche haben richtig schlechte Laune. Angela Merkel auch.
In ein paar Wochen will die Kanzlerin wiedergewählt werden,
zum vierten Mal seit 2009. Das muss sein, wer soll sonst den
Euro retten, und zwar endgültig?
Die
Kanzlerin braucht also möglichst viele schöne Bilder, für die
gute Stimmung, sonst nehmen ihr die Leute den Frankreich-Soli
noch übel. Den hat Schwarz-gelb gerade erfunden, um den zahlungsunfähigen
Nachbarn wieder auf die Beine zu helfen, ohne den die Währungsunion
nach dem Ausscheiden aller übrigen Mitgliedsländer nun wirklich
mausetot wären. Denn eine Währungsunion, der nur noch Deutschland
angehört, hat ja irgendwie auch keinen Sinn. Aber wie soll das
gehen, optimistische Fotos, ganz ohne Sonne?
Neulich
in Bayreuth zum Beispiel, bei den Wagner-Festspielen. Eröffnet
wird mit einer konserativen Inszenierung des "Parsifal"
von Oliver Pocher, die bei der Kritik durchfällt, woraufhin
Pocher als Arte-Moderator hinschmeisst und die Intendanz von
Schlingensiefs Operndorf in Afrika übernimmt. Der Himmel ist
fast schwarz, seit Stunden fällt Sturzregen auf den grünen Hügel.
In ihrer Not hat die Kanzlerin sich für eine lachsfarbene Robe
aus Neopren entschieden - Regenschirme gehen gar nicht in einem
Wahljahr. Das Material ist leider etwas störrisch und steht
am Dekolleté unvorteilhaft ab. Noch auf dem roten Teppich läuft
es voll Wasser, und weil das nicht abfliessen kann, auch daran
ist das Neopren schuld, da es an der Hüfte zu eng anliegt, schwimmt
die Kanzlerin auf.

Flinke
Fotoredakteure versuchen zu retten, was zu retten ist, so wie
2005, als Bayreuther Schwitzflecken der Kanzlerin einfach weggeklickt
wurden. Aber es hilft nichts, jämmerlich ersaufen suie an ihren
Macs. Aus Paris meldet sich Karl Lagerfeld und erklärt, Merkels
Drama sei, "dass sie nicht ich ist". Die Wiederwahl
ist fraglicher denn je.
Immerhin, Guido
Westerwelle macht bella figura. Der Vizekanzler, von der FDP
reumütih rehabilitiert, nachdem sein Vorgänger Philipp Rössler
vorgeschlagen hatte, technisch begabten Rentnern das Altersgeld
zu kürzen, wenn sie sich nicht zu Wiederaufbauarbeiten in Griechenland
verpflichten, hat die Liberalen wieder auf die Siegerstrasse
gebracht. Gemeinsam mit Partner Michael Mronz erschien er in
Bayreuth im wasserfesten Latexanzug, hinter ihnen Christian
Lindner, den die beiden nach seinem Scheitern adoptiert haben.
Nach weiteren Familienmitgliedern hält man Ausschau, es soll
Gespräche mit Rainer Brüderle geben, der den Fraktionsvorsitz
nur räumen will, wenn er auch adoptiert wird.
Es
regnet in Strömen. Ostdeutsche Campingfreunde werden von der
Mecklenburger Seenplatte gespült und reisen entnervt heim. Dabei
hatten sie ihre Schlafsäcke dieses Mal zentimeterdick mit Vaseline
präperiert. Westdeutsche Urlauber zahlen Mondpreise für eine
Woche in einem Dixie-Clo auf Mallorca, sie wollen nur noch weg.
In Stuttgart findet die Präsentation des 28. Stresstests zu
Stuttgart 21 statt, moderiert von Heiner Geissler, als sich
für einen Moment die Sonne zeigt. Geissler (91) blinzelt kurz
- da ist sie auch schon wieder weg.
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