Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (12. Juni 2011)
 
   Viel Lärm um nichts
 

   Mit 19 Salutschüssen hat der amerikanische Präsident dieser Tage unsere Kanzlerin empfangen. 19 Schüsse! Das ist viel, das ist grossartig, mehr geht fast nicht. Kein Bericht über den USA-Besuch von Angela Merkel kam ohne die 19 Schüsse aus. Meist wurde sogar gleich in der Überschrift geschossen, so dass wir dem Ereignis folgende Bedeutung zumessen müssen: So egal, wie Barack Obama immer tut, sind wir Deutschen ihm gar nicht. Wir sind ihm immerhin 19 Schüsse wert.

   Und keiner wurde verletzt, das muss an dieser Stelle auch mal positiv erwähnt werden. Saltschüsse sind gar nicht so ungefährlich, wie viele glauben, selbst wenn dabei in der Regel nur Platzpatronen verwendet werden. Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident Erwin Teufel hat vor Jahren mal einen Hörschaden erlitten, weil er bei der Einweihung eines Tunnels im Südbadischen zu nah an einem der Ballermänner stand. Immer wieder kommt es zu Klagen vor Gericht von Menschen, die ein Knalltrauma oder Tinnitus aufgrund von Salutschüssen geltend machen. Wobei die Gerichte in der Regel sehr verständnisvoll sind - gegenüber den Salutschüssen. Die wenigsten Klagen haben Erfolg.

   Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die Geschichte der Salutschüsse auszubreiten. Sagen wir es mal so: Irgendjemand aus militärischen Kreisen hat irgendwann angefangen, aus Freude, zur Begrüssung, zum Abschied oder zu sonstigen Anlässen rumzuballern. Das Ganze ist ein Phänomen: Salutschüsse sind furchtbar laut, sie verpesten die Luft - und trotzdem hat sich dieses seltsame Ritual durchgesetzt. Fast jede Dorfkirmes wird so eröffnet. Es gibt Monarchien, die über 100 Schuss in die Luft jagen, wenn ein Thronfolger geboren wird. 100 Schuss! Das lässt die 19 Schüsse für Frau Merkel in einem etwas anderen Licht erscheinen, aber gut. Wir wollen nicht kleinlich sein. Zumal der Amerikaner die Schüsse ganz aus der Ferne erklingen liess. Kein lautes Geballer. Keine Verletzte. Das war freundlich. Er kann ja auch anders, der Amerikaner.



   Nichtdestotrotz sind Salutschüsse natürlich so was von gestern. Ein altmodisches, männliches, fast schon gewaltsames Ritual. Aber keiner sagt was dagegen. Wo ist eigentlich Frau Kässmann, wenn man sie mal braucht? Warum lässt man zur Begrüssung nicht ein paar Friedenstauben fliegen oder Luftballons in die Luft steigen? Glaubt Obama wirklich, dass er unsere Kanzlerin mit ein paar Böllerschüssen beeindrucken kann? Frau Merkel ist eine Naturwissenschaftlerin, kein Bauchmensch. Sie mit Kanonenschüssen umschmeicheln zu wollen, funktioniert nicht. Auf dem Ohr, Mister President, ist Misses Mörrkell taub.

   Was das Ergebnis des USA-Besuchs angeht, so halten wir es mit Frank-Walter Steinmeier, der vor einigen Tagen die Leistung der schwarz-gelben Bundesregierung schon mal historisch eingeordnet hat: "Die sind angetreten. Die sidn abgetreten. Dazwischen war nicht viel", sagte der SPD-Fraktionschef. So war das in Washington auch. Frau Merkel ist gelandet. Sie ist wieder abgeflogen. Dazwischen war nicht viel. Oder doch: Dazwischen waren die Salutschüsse. 19 Stück, ein Wahnsinn. Doch man muss leider sagen: Viel Lärm um nichts.

 

 

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