Denken Sie nicht über die
Überschrift nach. Lohnt nicht. Steckt nichts dahinter. Ist nur
ein billiger Trick, um Ihr Interesse zu wecken und Sie in den
Text zu ziehen. Was bleibt einem übrig, bei dem trögen Stoff.
Aber lesen Sie selbst.
Die Zeitschrift
"Reader's Digest" hat diese Woche eine Liste vertrauenswürdiger
Berufe veröffentlicht. Das Ergebnis ist so überraschend wie
ein "Musikantenstadl" mit Andy Borg oder die Neujahrsansprache
der Kanzlerin. Auf dem letzten Platz findet man, tätätäää, Politiker.
Selbst wir Journalisten, denen man alles zutraut, nur eben nicht,
die Wahrheit zu sagen, stehen im Vergleich zu Politikern glänzend
da. So viel Geld können Finanzjongleure gar nicht verbraten,
um im Ansehen der Deutschen auf das Niveau der Politkaste zu
sinken.
Ich verwette mein Wahlrecht
auf Lebenszeit darauf: Hätte man weniger bürgerliche Berufe
wie Zuhälter und Notzuchtverbrecher abgefragt, hätten selbst
die Politikern den Rang abgelaufen.
Aus
der Zeit, als Telefone noch an der Schnur hingen, stammt folgender
Kalauer: Was ist der Unterschied zwischen einem Telefon und
einem Politiker? Das Telefon kann man aufhängen, wenn man sich
verwählt hat. Sie finden das nicht komisch? Dann sind Sie höchstwahrscheinlich
Politiker - nicht nur unbeliebt, sondern auch feige.
Ich
verstehe nicht, warum Ihr, liebe Politiker, Euch das bieten
lasst. Von Leuten wie uns, die wir es vor Wahlen nicht mal für
nötig halten, Eure Parteiprogramme zu lesen. Wir hocken vor
der Glotze, gucken zwei Politikmagazine und halten uns für wahlmündig.

Es
ist an der Zeit, dass Ihr endlich aufsteht und uns, Eurem Wahlvolk,
mal aufs Maul haut, wie weiland der Hoeneß-Uli bei der Jahreshauptversammlung
der Bayern, als er die Fans aus der Südkurve in den Senkel gestellt
hat. Es ist eine Unverschämtheit, wie wir mit Euch umspringen.
Kotzt Euch unser Anspruchsdenken und unsere Besserwisserei nicht
manchmal an? Immer nur wollen, wollen, wollen. Aber wenn einer
an das Kennedy-Wort erinnert, dass man nicht fragen soll, was
der Staat für einen tun kann, sondern was man für den Staat
tun kann, dann gilt das schon als mittelschwere Menschenrechtsverletzung.
Ihr
seid nicht nur unbeliebt, liebe Politiker, Ihr werdet gehasst
und als Lügenpack verhöhnt. Ich erwähne das deshalb, weil in
diesen Tagen einer der meistgehassten Politiker von uns gegangen
ist. Rein körperlich ist Guido Westerwelle zwar noch anwesend,
aber politisch ist er so gut wie tot.
Wisst
Ihr, liebe Politiker, wie man eine gesellige Runde, die sich
für halbsweg gebildet hält, zum Schweigen bringen könnte? Indem
man bemerkte, dass man Westerwelle gar nicht so schlimm finde.
Hatte man Glück, ging das als Scherz durch.
Ob
ich Westerwelle mochte, weiss ich nicht. Aber ich habe ihn geschätzt,
seit ich ihn vor ein paar Jahren im WDR-Politikmagazin "Zak"
gesehen habe. Gastgeber Friedrich Küppersbusch fragte nicht,
er ging unter die Gürtellinie. Westerwelle parierte glänzend.
Jedes
Volk, heisst es, habe die Politiker, die es verdient. Manchmal
glaube ich, liebe Politiker, Ihr habt was Besseres verdient
als uns.
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