Um ein Haar wäre diese Spalte
heute leer geblieben. Zu Guttenberg war, nachdem ihn Volk und
Kanzlerin freigesprochen hatten, alles gesagt. Sonst war die
Lage auf dem Nachrichtenmarkt dünn. Ich war kurz davor, den
Notfallplan abzufahren, soll heissen: "Platz für Notizen"
drüberzuschreiben und die Spalte freizulassen. Da vermeldeten
die Nachrichtenagenturen zwei Sätze, die die Wände in der Redaktion
wackeln liessen und unsere Rechner für Stunden lahmlegten.
Die
Sätze stammten aus dem Mund des früheren baden-württembergischen
Ministerpräsidenten und ausgewiesenen Schnellsprechers Günter
H. Oettinger. In einem Interview mit der Illustrierten "Bunte"
soll Oettinger (57) über seine Freundin Friedericke Beyer (339
gesagt haben: "Ich denke, dass sie mich noch ein bisschenmehr
liebt als ihr Pferd. Aber nur ein bisschen."

Die
Sätze stammen tatsächlich von Oettinger, hat meine Google-Recherche
ergeben. Niemand hat sie zuvor gesagt oder geschrieben. Ausserdem
habe ich mich in den Niederungen des Boulevards begeben, weil
ich wissen wollte, wie der Hengst heisst, gegen den Oettinger
antritt. Bei "Bild" wusste das triebgesteuerte Auge
garnicht, wo es hinsehen sollte. Auf der rechten Seite die Schlagzeile:
"33 Dinge, die Frau über Sex wissen muss." Auf der
linken, neben dem Bild vom Pferd, seiner Reiterin und eines
Anzugs mit Betonfrisur: "Dieser Hengst macht Oettinger
Konkurrenz."
Mag in der deutschen
Presselandschaft auch die Meinung vorherrschen, die Oettinger-Sätze
seien Ausdruck von Selbstironie. Ich bin mir sicher, dass sie
ernst gemeint sind und ein Indiz für Altersweisheit und Demut
sind. Folglich ist mein Oettinger-Bild diese Woche ins Wanken
geraten. Falls ich ihn jemals als Mister Bdn.Wrtmbrg verumglimpft
haben sollte, täte mir dieses leid. Womöglich hat der Staccato-Hengst
aus Ditzingen klügere Sätze gesagt, als man wahrnehmen wollte.
Womöglich hätte man Oettinger besser lesen als hören sollen.
Der
Gaul, gegen den Schnellsprech antritt, heisst übrigens Dreiklang,
nicht flotter Dreiklang, einfach nur Dreiklang.
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