Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (20. Februar 2011)
 
   Mein Nahtod
 

   Es gibt allerhand Möglichkeiten, dass einem seine Vergänglichkeit vor Augen geführt wird. Mal verfehlt einen ein herabfallender Blumentopf um Haaresbreite. Mal raucht es verdächtig aus dem Toaster. Bei mir klingelte diese Woche das Telefon. Ich hob ab und eine Stimme dagte: "Schöpfer."

   Zwar bin ich in religiösen Dingen nicht sonderlich bewandert, aber ich glaube, es ist kein gutes Zeichen, wenn sich der Schöpfer bei einem telefonisch meldet. Schliesslich ist man nicht Moses, und es wäre vermessen, davon auszugehen, dass der Anrufer einem eine aktuelle Version der Zehn Gebote in den Block diktieren will. In dem Fall wäre es ohnehin zeitgemässer, der liebe Gott würde die Zehn Gebote 2.0 twittern. Wenn mich also der Schöpfer anruft, dann gehe ich davon aus, dass die Zeit gekommen ist, um Abschied zu nehmen, von meinem Chef und wem ich sonst noch am Herzen liege.

   Irritiert hat mich, dass die Stimme am anderen Ende der Leitung die einer Frau war. Aber gut, vielleicht haben die im Himmel ja schon die Quote eingeführt. Momentan macht den Job eine Frau, dann ist ein Schwarzer dran, irgendwann übernimmt ein Moslem.

   Als konserativer Erdenbürger bin ich grundsätzlich bereit, mich meinem Schicksal zu ergeben. Aber ärgerlich ist's schon, mittwochmittags gegen halb zwölf ohne Vorwarnung den Schöpfer am Rohr zu haben. Hätte mich wenigstens noch Essen gehen lassen können. Auch wenn ich in Sachen Abgang blutiger Anfänger bin, ich lege meine Hand dafür ins Fegefeuer: Mit vollem Magen stirbt es sich besser.

   Aber gut, wie Sie mitbekommen haben dürften, lebe ich noch. Bevor ich Sie ins Wochenende entlasse, will ich die Sache mit dem Anruf noch aufklären:

   Als ich mich vom ersten Schock erholt hatte, ist mir eingefallen, dass eine Kollegin von "Sonntag Aktuell", unserer siebten Ausgabe, mit Nachnamen Schöpfer heisst. Bei eben jener Kollegin möchte ich mich entschuldigen - dafür, dass ich "falsch verbunden!" in den Hörer gebrüllt und aufgelegt habe.
 

 

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