Hören Sie es auch? Dieses
Zutzeln. Schlürfen. Schlucken. Sabbern. Rülpsen. Aus allen Ecken
hallt dieser Tage ein verführerisches Fressgeräusch, das den
kollektiven Speichelfluss zu einem reissenden Strom anschwellen
lässt und unsere Geschmackssynapsen heiter aufschmatzen lässt.
Mit erigiertem Gaumen nehmen wir zur Kenntnis, dass a) der "Guide
Michelin" gar kein bevorzugter Winterreifen mit
viel Grip für die Oberklasselimousine ist und b) die fetten
Jahre nie wirklich vorbei waren. Im Gegenteil. Unsere Spitzengastronomen
haben die leichte Verdauungskrise heil überstanden und können
sich in diesem Herbst wieder über einen erhebenden Sterne-Einklauf
freuen. Doch wer sind die wahren Aufräumer in Deutschlands lautesten
Darmgegend?
Da wäre etwa die erfahrene
Meisterköchin Alice Schwarzer, die in ihrem Gourmettempel
"Schnippschnapp" seit je auf aufgebrühte Hausmannstrennkost
setzt. In Schwarzers Küche finden sich beispielsweise keine
Schürzen, Gockel, Hühnerbrüste oder Bratwürste ("zu sexistisch").
Den Stern bekam sie übrigens für einen saftigen Junggänsebraten
à la Kristina auf einem altfeministischen Ohrfeigen-Jus, garniert
mit lilabitteren Gewürzpflaumen. Ein Gedicht. Die Chefin bezieht
ihre Produkte ausschliesslich von lokalen Erzeugern, das karrieristische,
meist blonde Federvieh wächst glücklich und isoliert von den
wahren geschlechtlichen Zuständen in unionsnahen Brutstationen
auf. Sie wachsen, aber nur kurze Zeit. Zugedeckt von gläsernen
Decken merken die dummen Dinger gar, wie sie geschlachtet werden.
Eine
ganz andere Philosophie verfolgt der Jungstar unter den Berliner
Brutzlern, Philipp Rösler. Seine asiatisch inspirierte Molekularküche
im "Pharma's Inn" beruht auf den drei Prinzipien "Eat,
pray and live". Man isst täglich eine teure rezeptfreie
Chemiekeule, betet zu Buddha und lebt in der Hoffnung, dass
einen die Glutamatpampe im Lebenswok von innen imprägniert.
Sollten Sie dennoch irgendwann auf Ihrem Rücken eine dritte
Schulter entdecken, gehen Sie bloss nicht zum Arzt, fragen
Sie nicht Ihren Apotheker. Machen Sie lieber Purzelbäume. Halten
Sie sich fit. Oder essen Sie irgendetwas Gesundes.

Ähnlich
radikal haut das Team um Claudia Roth und Cem Özdemir (siehe
Bild) die Pfannen
auf die atomstromgetriebenen Induktionsherde im trendigen Restaurant
"Apocalypse. Wow". Ihre Spezialitäten: Keine Vorbestellung,
spontaner Service und jahrzehntealter vergorener Grünkohl nach
der Slow-Foot-Methode. Das heisst: Alles wird sehr langsam weich
getreten, eingekocht und in seine Bestandteile aufgelöst. Von
der Politik längst fertig Gegartes wird immer wieder aufs
Neue aufgewärmt, dann zügig mit scharfen Parolen aufgeschwitzt
und desillusionierten, ausgehungerten Protestfeinschmeckern
vorgesetzt. Nicht nur in Berlin, auch im Wendland un dim schwäbischen
wird diese Küche immer populärer.
Und
wenn Sie den Heisshunger kaum mehr zügeln können, holen Sie
Ihre phallische Pfeffermühle, würzen Sie vor Ihrem nächsten
Demonstrationsgang diese Kolumne und beissen Sie beherzt
hinein - sofern Sie noch ein intaktes Gebiss haben. Ansonsten
sehen Sie die Sterne leuchten. Bon appétit.
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