Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (12. September 2010)
 
Im Strom der Zeit
   

   Diese Woche zeigte uns allen wieder, wie unentbehrlich fundierte Physikkenntnisse im Alltag sind. Vieles, was für den gemeinen Leser unseres Horoskops auf den ersten Blick unheimlich oder übernatürlich scheint, erklärt ein Physiker im Handumdrehen.

   Wenn beispielsweise ein Physiker im September morgens bei aprilhaften Temperaturen und monsumartigen Regengüssen das Haus verlässt, wundert er sich nicht. Mit Angoraschlüpfer und Vitamin-C-Pillen ausgestattet, sagt er laut und für alle Nachbarn deutlich das Dritte Newtonsche Axiom auf und gibt eine Runde Papiertaschentücher aus. Das Gesetz besagt, dass jede Aktion gleichzeitig eine gleich grosse Reaktion erzeugt. Keine Kraft ohne Gegenkraft. Eine Alice Schwarzer ist ohne "Bild"-Zeitung praktisch undenkbar. Und wenn es keinen Kachelmann gibt, bekommt die Sonne Schnupfen.

   Oder die mysteriöse Wechselwirkung zwischen naiven deutschen Frauen und südländisch aussehenden Herzensspaltern. Erfahrene Laborassistentinnen führen dieses Phänomen auf magnetische Felder in veralteten Fernsehgeräten zurück, die schon seit Jahrzehnten dank einer knisternden Anziehung blonde, metallbehängte Körper aus dem ehelichen Gleichgewicht bringt; Die Adorf-Kraft.

   Um die zersetzende Anziehungskraft solcher glutäugigen Integrationsmuffel auf den gesunden deutschen Volksleib zu neutralisieren, wurde nun eine heissluftbetriebene 2-D-Brille mit aufgeheizten Scheuklappen samt eingebauter Steinbach-Schleuder entwickelt. Mit Hilfe dieser Apparatur kann endlich jeder grau melierte Migrationshintergrund augenblicklich in harten, apokalyptischen Schwarz-Weiss-Kontrasten dargestellt werden.



   Zuerst erkennt man nur verschwommenen Zahlen, dann Kommata zwischen unverständlichen Worten, die wie scharfe Halbmonde oder Janitscharensäbel ins Auge stechen. Die psychedelischen Nebenwirkungen dieser optischen Täuschungsind allerdings beträchtlich. 18 Prozent der potenziellen Käufer fühlen sich seltsam elektrisiert, schäumen voller Ungeduld aus dem Mund. Christian Wulff verwechselt die Vektoren. Sigmar Gabriel wiederrum klagt über Brechreiz, seit Tagen verliert er rote Blutkörperchen. Neulich träumte er gar von einem Ehrenmord an einem langjährigen Parteimitglied.

   Angela Merkel kann über so viel Ahnungslosigkeit nur thermodynamisch kichern. Die gelernte Gleichstrom-Expertin weiss, dass als wichtigstes Prinzip in der Koalition der Energieerhaltungssatz gilt. Laienhaft ausgedrückt: Völlig egal, aus welchem Reaktor der Saft kommt, Hauptsache, den Betreibern der Stromkonzerne bleibt es warm ums Herz.

   Und alles fliesst wieder. Dass bei jeder kompromisshaften Kernspaltung auch Abfälle entstehen, sogenannte politische Spaltprodukte, liegt im Toleranzbereich. Unberechenbare radioaktive Teilchen. Eine kaum messbare Röttgen-Strahlung, die aber ökologisch völlig unbedenklich ist.

   Das gilt übrigens auch für die Lektüre dieser Kolumne. Falls Sie kein Taschentuch zur Hand haben sollten, könne Sie mit diesem Papier getrost die Laufzeiten Ihrer kalten Septembernase verkürzen. Immerhin das.
 

 

Zurück