Deutschlands schimmernde
Wehr, schlank und schlagkräftig wie nie, steht diese Woche an
allen Kriegsschauplätzen in mutigen Vorwärtsbewegungen. An der
Heimatsfront stürmen Hunderttausende junger Männer mit Hurra
in die Altenheime, fahren Essen unter Feindbeschuss zu den Empfängern
und unterrichten Problemkinder auf Abenteuerreisen im Gebrauch
der Nahkampfwaffen. Die Reform der Bundeswehr und des
Zivildienstes macht Deutschland wieder zu einem grossen Spieler
im Komzert der Mächte.
Unsere Redaktion
blickt aus diesem Anlass durch die 120-Millimeter-Kanone einer
Panzerhaubitze 30 Jahre in die Zukunft und stellt fest, dass
wir auch künftig keinen Gegner mehr fürchten müssen - ausser
vielleicht die Söldner des Vatikans oder die Schweizer
Radfahrtruppe. Die zwölfte Wehrreform wird im Jahr 2040 umgesetzt
werden - verantwortlich ist Verteidigungsminister Gottlob Schlauch
zu Guttenberg, der im Wege der Erbfolge das Amt des obersten
Troupiers von seinem Vater übernommen hat. Das Verteidigungsministerium,
eine idyllische Villa am Rande Berlins, verfügt noch über 13
Mitarbeiter, die sozialverträglich auf fünf abgebaut werden
sollen.
An diesem sonnigen Augusttag
2040 blickt zu Guttenberg zufrieden auf ein Dossier mit der
Aufschrift "Nur für den Dienstgebrauch". Laut der
dort skizzierten Neustrukturierung der Truppe wird erstmals
doppelt so viele Generäle wie Soldaten geben - ein Betreuungsschlüssel.
der jede Kita schlägt. Das Beschaffungsprogramm sieht zwölf
Paar neue Stiefel und eine Tonne Fusspuder vor. Die eigentliche
Kampftruppe ist ausgelagert worden und wird nun von der Deutschen
Post gestellt.

Doch
jetzt drängt die Zeit. Im Generalstab wird der Angriff auf einen
terroristisch infiltrierten Zwergstaat geübt, der über fünf
Panzer und frisch gebügelte Uniformen verfügt. Alle Kräfte
wirken in einem Zangenangriff zusammen, der sich an den legendären
Schlieffen-Plan anlehnt. Die Heeresgruppe Mitte stösst mit 123
Mann auf die Hauptstadt vor, ihre Flanken werden gedeckt von
Kehrmaschinen, die mit Wehrpflichtigen und Pappkameraden besetzt
sind. Mit den beiden tipptopp gepflegten Leopard-III-Kampfpanzern
machen raumgreifende Operationen erst so richtig Spass.
Allerdings
steht einer noch auf einem Abenteuerspielplatz, um Jugendliche
mit der Wehrtechnik vertraut zu machen. Soeben wurde der
Dienstreiseantrag für die letzte Panzerhaubitze des Heeres genehmigt.
"Mein Gott, wenn wir die in Stalingrad gehabt hätten",
murmelt zu Guttenberg selbstvergessen und quittiert die Lieferung
der frisch gebürsteten Mulis für die Gebirgstruppe durch die
Firma Krauss-Maffai. DIe Tiere geniessen bei der Truppe einen
einwandfreien Ruf: Zackiger Paradeschritt, legendäres Stehvermögen
bei rituellen Besäufnissen.
Doch nun
naht der nächste Termin: Eine Gedenkfeier für die letzte
abgeworfene Übungsbombe im Jahr 2015. Fanfare, Blechspangenverleihung,
Gepränge - alles wie früher. "Ja früher", sinniert
der Minister. "Manchmal möchte man nur mal wieder eine
Handgranate nehmen können und den Sicherungshebel ziehen. Aber
haben wir überhaupt noch welche? Irgenwo im Harz war doch noch
ein übrig gebliebenes Depot ..."
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