Nicht genug, dass die Schulkinder
in Baden-Württemberg seit dieser Woche schulfrei haben. Es scheint,
als werde die Welt in diesen Tagen von einer gigantischen Welle
der Freiheit mitgerissen. Wettermoderator Jörg Kachelmann kommt
nach 132 Tagen U-Haft frei; die Ex-"Tagesschau"-Sprecherin
und selbsternannte Loveparade-Expertin Eva Herman schreibt von
der Leber weg auf ihrer Homepage über die Katastrophe von Duisburg
(falls es jemand interessiert: SIe spricht die Veranstalter
frei und meint, höhere Mächte hätten ihre Finger im Spiel gehabt);
das spanische Katalonien wird bald stierkampffrei; nicht zu
vergessen die Schaufenster im von der Hamas beherrschten Gaza-Streifen,
die künftig frei sein werden von Damenunterwäsche.
So,
ich glaube, jetzt hamas, was die aktuellen Freiheitsbewegungen
angeht. Bei soviel Freiheit verliere ich den Halt und neige
dazu, mich von der grossen Welt abzuwenden und meine Umgebung
zu inspizieren. Dabei fällt mein Blick auf den mir zu Füssen
liegenden Teppichboden. Das heisst, eigentlich hat der Belag
gar nicht mehr den Namen Teppichboden verdient. Er ist durchgewetzt.
Dies
rührt daher, dass ich beim Schreiben mit den HUfen scharre wie
ein katalanischer Kampfstier, bevor er in Ausübung seines Berufs
versucht, seinen menschlichen Gegenspieler auf die Hörner zu
nehmen. Da fällt mir: Was geschieht jetzt eigentlich mit den
Kampfstieren? Werden sie, wie es im Arbeitsgeberdeutsch so schön
heisst, freigesetzt? Oder von den höheren Mächten zu Rostbraten
verarbeitet? Noch schweigt Eva Herman zu dem Thema.
Wie
es der Zufall will, habe ich diese Woche das Foto eines Mischpults
aus dem legendären Motown-Studio auf den Schreibtisch bekommen.
Der Boden unter dem Pult ist vom rythmischen Mitwippen der Produzenten
abgewetzt. Offenbar gibt es viele Menschen, die beim Sitzen
keine Ruhe finden. Jeder fünfte Deutsche, besagt eine Studie,
scharre beim Sitzen mit den Füssen. Mit Nervösität hat das nichts
zu tun. WIr geniessen die Beinfreiheit.
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