Aufhören! Aufhören!
Die Woche begann damit,
dass der "Spiegel" auf seiner Titelseite ganz laut
"Aufhören!" rief. Gemeint waren Angela Merkel und
Guido Westerwelle, bei denen das gemeinsame Regieren nicht
so klappt. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe waren
die beiden allerdings noch im Amt. Regieren mag schwierig sein.
Aufhören aber ist noch schwieriger.
"Ich
kann gar nicht zurücktreten", beklagte ein paar Tage
später Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, bei dem das Regieren
auch nicht mehr so klappt, weil ihm seit der Landtagswahl in
Nordrhein-Westfalen eine parlamentarische Mehrheit dafür fehlt.
Die Leute stellen sich das immer so einfach vor: Tschüss, Ende
Gelände, Schicht im Schacht. Aber so geht das nicht. Ein Regierungschef
kann nur abtreten, wenn es eine Mehrheit für einen neuen gibt.
Sonst ständen wir plötzlich ganz unregiert da. Das aber verbietet
unsere Verfassung.

Der
Einzige, der einfach so den Bettel hinschmeissen kann, ist komischerweise
der Bundespräsident, was allein schon ziemlich viel darüber
aussagt, welche Macht der erste Mann in unserem Staate tatsächlich
hat. Horst Köhler schaute diese Woche ein letztes Mal in Berlin
auf einen Grossen Zapfenstreich vorbei. Es spielte auf
die Bundeswehr, dem Mann wurde das Herz gar schwer. Tja, und
dann war er auch schon wieder verschwunden. Unser Ex-Präsident
hatte keine Lust auf weitere Erklärungen, Diskussionen und Streitereien.
Wo die richtige Politik anfängt, hört Horst Köhler auf.
Da
ist Walter Mixa ein ganz anderes Kaliber. Gut, der Mann hat
sich zunächst einmal zum Rücktritt drängen lassen. Aber jetzt
ist er wieder da, lebt wie eh und je in seiner Wohnung im Augsburger
Bischofspalais und tut einfach so, als wäre er noch Bischof.
Das Ganze war aus seiner Sicht ein grosses Missverständnis,
ein Fehler. Er habe seinen Rücktritt nur angeboten, weil er
"unter Druck wie ein Fegefeuer" gesetzt worden
sei, sagt er. Allerdings hat der Papst längst Mixas Rücktrittsgesuch
angenommen, und der ist bekanntlich unfehlbar. Nun muss der
Papst Mixa klarmachen, dass es vorbei ist mit dem Bischofsamt.
Schluss. Aus. Ende. Amen. Wenn stimmt, was man über den aktuellen
Gemütszustand von Herrn Mixa hört, soll der Papst dabei ganz
langsam und sehr deutlich reden. Es ist eine kleine Tragödie.
Die
politische Woche endete mit einer netten Überraschung für alle
Mineralien- und Fossilienfreunde. Das ZDF-"Morgenmagazin"
grub am Freitag aus tieferen Gesteinsschichten Kurt Biedenkopf
(80) hervor. Biedenkopf war mal ein bedeutender CDU-Politiker
und regierte von 1990 bis 2002 als Ministerpräsident dern Freistaat
Sachsen. Nun stand er endlich mal wieder vor der Kamera, weil
er unerhört Provokatives zu sagen wusste. Kein Fraktionszwang
bei der Wahl des neuen Bundespräsidenten am 20. Juni, fordert
er. Die Wahlmänner und Wahlfrauen dürften nur ihrem Gewissen
unterworfen sein, wie es in der Verfassung stehe. Das sei
wahre Demokratie. Und während Professor B. so dozierte, erinnerte
man sich daran, wie er als "König Kurt" ganz von oben
herab regiert hatte und damals jeden Widerstand in der CDU-Fraktion
als Majestätsbeleidigung empfand. Und dann dachte man nur noch:
Aufhören!
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