Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (20. Juni 2010)
 

Aufhören!
Aufhören!


   Die Woche begann damit, dass der "Spiegel" auf seiner Titelseite ganz laut "Aufhören!" rief. Gemeint waren Angela Merkel und Guido Westerwelle, bei denen das gemeinsame Regieren nicht so klappt. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe waren die beiden allerdings noch im Amt. Regieren mag schwierig sein. Aufhören aber ist noch schwieriger.

   "Ich kann gar nicht zurücktreten", beklagte ein paar Tage später Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, bei dem das Regieren auch nicht mehr so klappt, weil ihm seit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen eine parlamentarische Mehrheit dafür fehlt. Die Leute stellen sich das immer so einfach vor: Tschüss, Ende Gelände, Schicht im Schacht. Aber so geht das nicht. Ein Regierungschef kann nur abtreten, wenn es eine Mehrheit für einen neuen gibt. Sonst ständen wir plötzlich ganz unregiert da. Das aber verbietet unsere Verfassung.



   Der Einzige, der einfach so den Bettel hinschmeissen kann, ist komischerweise der Bundespräsident, was allein schon ziemlich viel darüber aussagt, welche Macht der erste Mann in unserem Staate tatsächlich hat. Horst Köhler schaute diese Woche ein letztes Mal in Berlin auf einen Grossen Zapfenstreich vorbei. Es spielte auf die Bundeswehr, dem Mann wurde das Herz gar schwer. Tja, und dann war er auch schon wieder verschwunden. Unser Ex-Präsident hatte keine Lust auf weitere Erklärungen, Diskussionen und Streitereien. Wo die richtige Politik anfängt, hört Horst Köhler auf.

   Da ist Walter Mixa ein ganz anderes Kaliber. Gut, der Mann hat sich zunächst einmal zum Rücktritt drängen lassen. Aber jetzt ist er wieder da, lebt wie eh und je in seiner Wohnung im Augsburger Bischofspalais und tut einfach so, als wäre er noch Bischof. Das Ganze war aus seiner Sicht ein grosses Missverständnis, ein Fehler. Er habe seinen Rücktritt nur angeboten, weil er "unter Druck wie ein Fegefeuer" gesetzt worden sei, sagt er. Allerdings hat der Papst längst Mixas Rücktrittsgesuch angenommen, und der ist bekanntlich unfehlbar. Nun muss der Papst Mixa klarmachen, dass es vorbei ist mit dem Bischofsamt. Schluss. Aus. Ende. Amen. Wenn stimmt, was man über den aktuellen Gemütszustand von Herrn Mixa hört, soll der Papst dabei ganz langsam und sehr deutlich reden. Es ist eine kleine Tragödie.

   Die politische Woche endete mit einer netten Überraschung für alle Mineralien- und Fossilienfreunde. Das ZDF-"Morgenmagazin" grub am Freitag aus tieferen Gesteinsschichten Kurt Biedenkopf (80) hervor. Biedenkopf war mal ein bedeutender CDU-Politiker und regierte von 1990 bis 2002 als Ministerpräsident dern Freistaat Sachsen. Nun stand er endlich mal wieder vor der Kamera, weil er unerhört Provokatives zu sagen wusste. Kein Fraktionszwang bei der Wahl des neuen Bundespräsidenten am 20. Juni, fordert er. Die Wahlmänner und Wahlfrauen dürften nur ihrem Gewissen unterworfen sein, wie es in der Verfassung stehe. Das sei wahre Demokratie. Und während Professor B. so dozierte, erinnerte man sich daran, wie er als "König Kurt" ganz von oben herab regiert hatte und damals jeden Widerstand in der CDU-Fraktion als Majestätsbeleidigung empfand. Und dann dachte man nur noch: Aufhören!
 

 

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