Eine Frage der Schnitthöhe
Diese Woche war es soweit:
Der Rasenmäher, das Instrument unbarmherziger Sparpolitik,
rollte aus der Garage, in den die Hüter der Herz-Jesu-Demokartie
irgendwann nach dem Krieg bugsiert hatten. Schon vor Monaten
war gemunkelt worden, seine Stunde sei nahe. An düsteren Vorzeichen
fehlte es nicht: Auffallend viele Politiker drängten sich an
den Beratungstheken der Baumärkte ("'ne Schnittbreite von
30 Zentimetern ist doch viel zu schmal. Und kein Kabel! Haben
Sie nichts Richtiges, so mit Allradantrieb. Unkrautdetektor
und 'nem richtig fetten Messerbalken?")
Und
dann ging es hinaus in die Natur. Abgeordnete, die jahrelang
nicht mehr an der Frischen Luft waren, atmeten tief durch und
bekamen rosige Backen. Jauchzend bearbeiteten sie die wuchernde
Anarchie des Sozialstaats mit seinen schmarotzenden Pflanzen,
die den Fleissigen und Leistungsbereiten die Luft abschneiden,
den scheinheilig lächelnden Blüten, die hinterrücks keine Kinder
bekommen, den prekären Gewächsen in der Schattenzone. Der Spar-Rasenmäher
zog ruhig und unbeirrt seine Bahn, nichts entging ihm. Keine
irrationalen Emotionen trieben ihn, sein Dogma war nur die Schnitthöhe.
Er hinterliess nicht Zerstörung, sondern Ordnung und Gleichmass.

Wer
letzendlich der Erfinder der Rasenmähermethode war, ist unklar.
Wolfgang Schäuble, dazu befragt: "Das isch doch auch egal.
Klar ischt nur: Spekulanten sind wie Gänseblümchen. Wenn Sie
nicht mindeschtens zweimal drübergehen, ducken sie sich weg.
Und kaum ist der Qualm verzogen, wetten sie wieder auf den Untergang."
Peer Steinbrück und Wolfgang Koch: "Wir waren die Ersten!
Herrgott, waren das Zeiten! Wir sassen zu zweit auf dem Bock
eines 12-PS-Aufsitzmähers und sensten die Subventionen nieder,
was das Zeug hielt. Leider war es nur ein Traum. Als wir aufwachten,
sahen wir, dass die Fettwiese des Sozialstaates noch
höher war als früher. Mussten uns ganz eng aneinanderkuscheln.
Aber schön war's trotzdem."
Josef
Ackermann: "Wer an unsere Investmentabteilung will, muss
eine ziemlich hohe Schnitthöhe einstellen - die sitzt nämlich
im 112. Stock." Margot Käßmann: "Haben Sie Zeit für
eine kurze Predigt über den Rasenmäher als Relikt des technokratisch-maskulinen
Zeitalters? Nein? Schade, Sie hätten am Ende garantiert geweint.
Ich sage: Die Saat der Liebe hält jedem Messer stand. Aber manchmal
möchte man einfach mal Gas geben, um über das ganze Unkraut
hinwegzubügeln. Entschuldigung."
Horst
Köhler: "Immer wenn ich morgens aus dem Schloss Bellevue
den Gärtnern zuguckte, wurde ich wehmütig, denn ich hatte ja
auch für meinen Rasnetraktor einen Fahrer. Aber jetzt mähe ich
selbst. Ach, Eva-Luise, sag mal: Welchen Gummistiefel zieht
man rechts an?" Karl-Theodor zu Guttenberg: "Mit 230
gepanzerten Aufsitzmähern könnten wir in Afghanistan auch in
der Fläche Präsenz zeigen. Die unterscheiden nicht zwischen
Ackerrettich und einem Taliban, hehe."
Jetzt
liebe Leser, verstecken Sie sich besser in der nächstbesten
Doppelgarage eines Sozialschmarotzers. In der Luft liegt
wieder dieses Zweitaktgeräusch. Es scheint näher zu kommen.
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