Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. Mai 2010)
 

   Nichts ist so alt wie das iPad von gestern

   Schauen Sie sich Ihre Zeitungsseite einmal genauer an. liebe Leser. Streichen Sie mit dem Finger über das Papier - egal wo sie landen, Sie sehen Buchstaben oder Bilder. Dann drehen Sie das Papier. Wie durch Zauberhand wird aus einem Hoch- ein Querformat. Trotz Sonneneinstrahlung ist Ihre Zeitungsseite immer reflextionsfrei lesbar. Ihr Stromverbrauch ist minimal, zusammengeknüllt passt sie in einen 30 Zentimeter langen USB-Stick.

   Warum wir die Vorzüge der Zeitung anpreisen? Nun, zur Zeit rennt ja alles hinter dem iPad her, der jetzt auf den Markt kommt, technologisch aber der Zeitung unterlegen ist. Für unsere älteren Leser: Der iPad ist ein schiefertafelgrosser Computer, also ein Tablet- oder Tabletten-PC, der griffig in der Hand liegt. In der Schule kann man ihn beispielsweise als Pausenbrot benutzen und aufessen. Probieren Sie mal zwei iPads aufeinander, belegt mit Serrano_Schinken und Spinat, dazu ein Tropfen Olivenöl ... Aber wo waren wir? Genau, nach der Pause kickt man ihn wieder ins Klassenzimmer oder haut ihn dem Sitznachbarn auf den Kopf. Aber auch Erwachsene infantilisieren sich beim Anblick des Geräts. Männder streichen über die Haut ihrer Partnerin, um zu sehen, ob sich ein Leberfleck auf die vierfache Grösse ziehen lässt. Kunden verlangen in Apotheken Tabletten-PCs gegen Lebensüberdruss, in Griechenland verkauft sich ein Schuldentilgungs-App wie geschnittenes Brot. Sie wollen wissen, was Apps sind? Nehmen Sie die Seite in die Hand und reissen Sie sie einmal ganz durch, um zum Untermenü zu gelangen. Bringen Sie ihr Frau mit einem Druck auf deren berührungsempfindliche Oberfläche zum Schweigen. Jetzt sind Sie entweder auf dem Küchenboden oder auf der Seite mitd en meistgestellten Fragen und Antworten. Da müsste eigentlich alles über Apps stehen.



   Aber viel wichtiger ist die Frage, wie Prominente mit dem iPad umgehen. Johann Lafer: "Ich habe schon in der Steiermark gespaltene Stromplatinen als Beilage verwendet. Mein Eipäd-Soufflé ist genauso einfach zuzubereiten. Die Schale runterraspeln, bis das bittere Prozessorherz erreicht ist. Das werfen wir weg und schlagen den Rest über dem Wasserbad schaumig. Und ehe man einmal 'Steve-Jobs-ist-ein-Gott' murmeln kann, ist ist die Creme fertig." Kevin Kuranyi: "Jogi-Löw-Folterspiel isch supergeil. Morgen kriegt er was mit dem xxxx, und dann schneide ich seine xxxx so lange in Streifen, bis sie xxxx sind." (Hier musste unser Jugendschutz-App eingreifen.) Rüdiger Safranski: "Für mich ist der iPad der eskapistische Ort des neuen Weltbürgers. Mit dem Gerät ordnet er sich der globalen Katakombenexistenz der Citoyens zu, und wenn das Ding runterfällt, lebt es in seinen Anwendungen weiter." Dieter Bohlen: "Mein Lieblings-App ist der Scanner, mit dem ich den Barcode aller von mir gemanagten Sänger ablesen kann. Damit mir keiner vergisst, die Kohle abzuliefern."

   Sie merken, mit dem iPad kann man Mails lesen, surfen, Filme gucken. Man kann aber auch hinausgehen, eine Blume pflücken oder den nächstbesten Mitmenschen umarmen. Wenn es knistert, ist es nur die eingesteckte Zeitung. Ein iPad wäre da längst kaputt.
 

 

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