Diese Kolumne erfreut sich
seit vielen Monden allergrösster Beliebtheit, weil Ihnen, lieber
Leser, keine Texte von der Stange vorgesetzt werden. SIe wissen,
Sie bekommen ein Unikat, einen bunten Strauss heiterer Ideen,
manchmal gar ein Collier geschiffener Wortdiamanten. Wenn ich
mich nun der Stange zuwende, so ist mir bange, ob Sie das zu
goutieren wissen. Es ging diese Woche eine Nachricht von allerhöchstem
Range um die Welt, in der eine Stange eine zentrale Rolle gespielt
hat. Wenn so ein Thema über die Agenturen läuft, dann fackelt
man nicht lange.
Ich weiss nicht, ob
Sie mit den Details des Stangentanzes vertraut sind. Ich bin
es nicht, aber ich habe mir sagen lassen, dass dieser Art der
Körperertüchtigung nicht nur in Nachtklubs, sondern mittlerweise
auch in Fitness-Studios praktiziert wird. Der Sprung vom Nachtklub
ins Fitness-Studio ist gross. Noch grösser aber ist der Sprung
in eine Räumlichkeit, in der sonst der Debattierclub der Universität
von Cambridge tagt, ein Ort, an dem schon Churchill und Roosevelt
das Wort erhoben haben. Hinter jenen geschichtsträchtigen Mauern
sollen sich sportbegeisterte Frauen zeitweise an Stangen räkeln
dürfen.
Den Kurs bietet das Studentenwerk
der Uni an, und sein Sprecher hat versucht, vorsorglich eine
Lanze für die Stangentanzerei zu brechen: "Wenn eine intelligente,
unabhängige Frau eine bestimmte Art von Tanz in respektabler
Umgebung lernen möchte, sehen wir darin keine Erniedrigung."
Es
ist gut, dass ich bisher kein Texte von der Stange geschrieben
habe. Keine Ahnung, wie es Ihnen beim Lesen geht, mir wird schon
beim Schreiben über den Stangentanz ganz heiss. Ausserdem bin
ich versucht, die Leserschaft zu bitten, kommende Woche wieder
vorbeizuschauen, mir also die Stange zu halten.
Ich
schwöre, es war das erste und das letzte Mal, dass Sie von mir
etwas von der Stange zu lesen bekamen. Selbst unter Gewaltandrohung
würde ich es nicht mehr tun. Schlüge mich jemand auf die linke
Stange, ich würde ihm auch die rechte hinhalten.
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