Der massgebliche Unterschied
zwischen Frankreich und Deutschland ist weder die sattblaue
Côte d´Azur noch die wieder treuweiss scheinende Carla Bruni,
sondern die rot grinsende Ampel. Bekanntlich leidet der gemeine
Gallier unter einer Allergie gegen letztere, weshalb er Verkehrsknoten
gerne als mehrspurige Narrenkreisel anlegt - anders als der
rechtswinkelige Teutone, welcher seit je vollgeampelte Kreuzungen
schätzt.
Diese im Volksmund auch als
"Cage aux folles" bekannten Strassenwirbel sind vor
allem bei tölpelhaften Paris-Touristenpärchen berüchtigt, die
Stossstange an Stossstange oft stundenlang sinnlos um den Arc
de Triomphe rasen, in der undurchdringlichen Bouillabaisse des
Feierabendverkehrs umherdümpeln wie schlappe Croûtons und schliesslich
in ihrem Frankreich-Wahn schlimmste Fahrfehler begehen: Sie
verloben sich spontan in dieser Stadt der Triebe oder, fataler,
beschliessen beim nächsten Autokauf ein französisches Modell
zu bestellen. Die Zulassungszahlen sinken, die Temperaturen
steigen: Wahrscheinlich war genau so eine frühlingshafte Zirkulationstörung
für die bis vor kurzem noch undenkbar scheinenden Liaison von
Daimler-Chef Zetsche mit Renault-Diva Carlos Ghosn.
Solche
deutschfranzösischen Turteleien enden oft tragisch, man denke
da an die berühmten Duos Ronny Schneider und Alain Delon, Karl
May und Pierre Brice oder Florian Silbereisen und Mireille Mathieu.
Doch just in Krisenzeiten und Wonnemonaten können flüchtige
Affären mit dem vermeintlichen Erzfeind ungeahnte Fachkräfte
freisetzen. Hoffnungsfrohe Astrologen und börsenfixierte Kleinwagenexperten
unken schon, die Synergien würden bald Maschinen- und Menschentypen
am Produktionsband einsparen.
Wo gehobelt
wird, da fallen Leute, ist guter ärtzlicher Rat teuer. Was wiederum
Phillip Rösler, unseren melancholischen Troubadour von der Kassenschlagerfront
auf den Plan ruft, der nunmehr talentlose Medizinstudenten mit
einem Numerus clausus von über 99 Gramm CO²/Kilometer auf die
letzten Provinzler jagen will. Die Ärmsten. Sie flüchten wie
einst Madame Bovary vor ihrem langweiligen Gatten und Landarzt
in die Städte, auf der aussichtlosen Suche nach Festanstellungen,
amourösen Abenteuern und einer Welt ohne Schlaglöcher, in denen
wir, die kleinen Twingos und Smarts unseres realexistierenden
Asozialismus, so mir nichts, dir nichts verschwinden können.

Der
Winter war zweifellos hart, der Asphalt perdu, und das nicht
erst jetzt. Schon wegen dieser gesellschaftlichen Untiefen liebte
auch Erich Honecker den camembertweichen Sitzkomfort französischer
Vehikel. Zum Fuhrpark der DDR-Führung gehörten insgesamt neun
Citroen Prestige (siehe Bild). Von den Franzosen lernen heisst
also: Schweben, lieben und siegen lernen. "L'amour et la
guerre" sang dereinst der Franck Ribéry des Chansons Charles
Aznavour, wobei "guerre" viel charmanter klingt als
das deutsche Pedant "Krieg". Das nur als letzten Gedanken,
falls man im Verteidigungsministerium wieder mal nach einem
Euphemismus guckt. Oder in irgendeiner deutschen Autofirma.
Made in Guerremany. Mon Dieu, wie schön. |