Ich kann nichts schlechtes
über Rheinländer sagen, weil: Ich bin von ihnen umzingelt. Die
Armutszuwanderung nach Baden-Württemberg hat dazu geführt, dass
ich als Einheimischer in der Redaktion in die Minderheit geraten
bin. Da muss man sich integrieren und so tun, als interessiere
man sich ernsthaft für die feinen Unterschiede zwischen Rheinland
und Ruhrgebiet oder zwischen Komasaufen und Karneval.
Dies
hier wird man aber wohl noch sagen dürfen: Der Rheinländer hat
mittlerweile Schlüsselpositionen in unserem Bundesland inne.
Das Landesarbeitsgericht in Freiburg zum Beispiel hat einen
Vorsitzenden Richter, der heisst Christoph Tillmann. Dieser
Tage sagte Herr Tillmann: "Ich bin Rheinländer. Ich esse
Frikadellen stets ohne Mantel." Was Herr Tillmann damit
sagen wollte: Von Maultaschen versteht er nichts. Maultaschen
sind für ihn Frikadellen mit Mantel. Und so einer hat hierzulande
das letzte Wort, wenn eine Altenpflegerin sechs Maultaschen
klaut und daraufhin entlassen wird. Der weiss den Wert einer
Maultasche doch gar nicht einzuschätzen. Auf Vorschlag von Tillmann
soll die Altenpflegerin jetzt übrigens 42 500 Euro Abfindung
bekommen. Kleinere Sünden vergibt der Rheinländer sofort.
Etwas
unfrei fühle ich mich auch bei Anmerkungen zu dem ganzen Bio-
und Öko-Getue. Es gibt Kolleginnen, denen ich regelmässig begegne,
die nehmen dieses Grünzeug total ernst. Deshalb soll hier nur
kurz der Chef der Bio-Handelskette Alnatura, Götz Rehn, zu Wort
kommen. Gegenüber der "taz" rechtfertigte er die Tatsache,
dass so manche seiner Kassiererinnen trotz gut gehender Geschäfte
unter Tarif bezahlt wird, so: "Wir haben eine Bieneninitiative.
Wir haben Theatergruppen. Wir haben einen Chor. Wir haben die
Yoga-Gruppe. Wir haben Winterseminare. Das bedeutet ja alles
eine Erhöhung des Gehalts." Summ, summ, summ. Manche können
halt von Luft und Liebe leben. Oder von Bienen und Yoga.

Vollends
verschlossen bleibt mein kleines Lästermaul, wenn es um Entwicklungshelfer
und Sozialarbeiter (siehe Bild) geht. Die tun was Vernünftiges.
Punkt. Keine Widerrede. Würde ich was anderes sagen, bekäme
ich hier intern mit der Caritas-und-Diakonie-Fraktion zu tun.
Kürzlich
ist übrigens der französische Staatssekretär Alain Joyandet,
rund um die Uhr für Entwicklungshilfe zuständig, mit einem Privatjet
zu einer Haiti-Konferenz nach Martinique geflogen. Macht hin
und zurück 117 000 Euro. Ein Linienflug wäre deutlich günstiger
gewesen, aber der Mann war in Eile. "Ich hatte Terminschwierigkeiten",
verteidigte er sich. Schon klar. Es gibt soviel Elend auf der
Welt. Da braucht man als Helfer die schnellsten Fortbewegungsmittel.
Deshalb war ja auch in Berlin, der deutschen Hartz-IV-Hauptstadt,
ein Obdachlosen-Kümmerer mit einem Maserati unterwegs. Irgendwo
habe ich gelesen, dass taktlose Menschen diesen Fall zum Anlass
nahmen, bei der Stadtverwaltung in Berlin mal nachzufragen,
ob sie überhaupt noch einen Überblick über Ausmass und Erfolg
ihrer ganzen Sozialausgaben habe. Die Antwort kam aus reinstem
Herzen: Nein, haben wir nicht.
Mein
jetziger Chefredakteur arbeitete zuvor übrigens in Hannover.
Schöne Stadt ... |