Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (28. März 2010)
 
Happy Abend-Meal
 

   Bei Texten zum Essen kommt es immer wieder vor, dass sie wenig Substanz besitzen und sich in einer Art Gerüchteküche erschöpfen. Insofern ist man dankbar, wenn einem zum Thema mal was Habhaftes aufgetischt wird. Lassen Sie mich diese Woche also mein Glas erheben und einen Toast auf jene amerikanischen Forscher aussprechen, die Abendmahl-Darstellungen aus verschiedenen Jahrhunderten unter die Lupe genommen und dabei Erstaunliches, wenn nicht gar Erschreckendes entdeckt haben. Ihnen ist aufgefallen, dass nicht nur die Teller grösser, sondern die Speisen kalorienreicher wurden.

   Dies hänge damit zusammen, meint der Wirtschaftswissenschaftler Brian Wansink von der New Yorker Cornell-Universität laut "Spiegel online", dass die Kunst das Leben imitiere. Soll heissen: Beim berühmtesten Abendessen der Geschichte kommt nur das auf den Tisch, was der Künstler auch kennt.

   Lassen Sie uns in diesen vorösterlichen Fasten-Food-Zeiten einen Blick in die Zukunft werfen. Wenn die Theorie der Amerikaner hinhaut, dann müssten bald Abendmahl-Darstellungen auftauchen, bei denen Jesus und seine Jünger vor Juniortüten sitzen. Das heisst, Juniortüten sagen nur noch wir Älteren, inzwischen heissen die Fresspakete Happy Meal, was aber nichts ausmacht. Dann wird aus dem Abendmahl eben ein Happy Abend-Meal.

   Da das Essen nicht spurlos an den Konsumenten vorbeigeht, wird die Tischgesellschaft zunehmend dicker. Jesus dürfte auf solchen Gemälden kaum noch von dem fülligen US-Regisseur Michael Moore zu unterscheiden sein. Dies müsste in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Bibel in weiten Teilen umgeschrieben werden muss, da ein Mensch dieser Gewichtsklasse sich kaum noch für eine Kreuzigung eignet.

   Folgen wir dieser Sichtweise, dann ist auch im Garten Eden manches anders gelaufen. Gott schuf das Weib nicht aus einer Rippe, sondern aus einem McRib. Und das alles nur, weil darstellende Künstler nicht über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Prost Malzeit.
 

 

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