Deutschland im März 2010:
Die Menschen sind nervös, spüren sie doch bei jedem Griff in
die Tasche die Hand des Staates, der nach Kleingeld sucht. Nach
Recherchen unserer Finanzredaktion laufen die Fäden der bundesweiten
Kreditbeschaffung in einem Frankfurter Hinterhofbüro zusammen.
Wer dort klingelt, vernimmt eine blecherne Stimme: "Bitte
werfen Sie zwei Euro in den Schlitz, und ziehen Sie eine Nummer.
Sollten Sie nach 20 Minuten immer noch nicht aufgerufen werden,
zahlen Sie erneut zwei Euro. Sollten Sie nach 20 Minuten immer
noch nicht aufgerufen werden, zahlen Sie ..." Nach zwei
Stunden verschaffen wir uns mit Hilfe eines Credit Default
Swaps mit grosser Hebelwirkung gewaltsam Zutritt. Drinnen
geht es zu wie in einem Bienenschwarm. Männer in Unterhemden
und Trainingsanzügen telefonieren, in der Ecke stapeln sich
Geldscheine, Perlen und Jungfrauen.
Der
Bürovorsteher, ein vierschrötiger Mann. blickt hektisch in die
Runde: "Wie verkaufen sich die Staatsanleihen?" -
"Auf Kaffeefahrten verkloppen wir 20-Jährige an 80-Jährige",
schreit es zurück. "Für jede Unterschrift gibt es eine
Flasche Johannisbeersaft." - "Und die Altersheime?"
- "Die lassen uns nicht rein." - "Dann geht durch
den Hintereingang. Und bringt Likör mit. Wie hoch ist heute
der Schuldenstand?" - "Auf meinem Rechner nicht
mehr darstellbar, ich versuche, im Heizungskeller noch einige
Nullen zu finden." - "Und die Schuldenbremse?"
- "Kriegen wir nur in einer Billigversion. Sie bremst erst,
wenn man gegen die Wand fährt."

Auf
dem Hemd des Bürovorstehers zeigen sich mondgrosse Schwitzflecken.
"Was macht die deutsch-griechische Arbeitsgruppe?"
- "Die Griechen haben die Akropolis fünfmal verpfändet
und regen an, dass wir ähnliches tun." - "Und was,
bitte schön, sollen wir verpfänden? Den Stuttgarter Hauptbahnhof?"
- "Nun, wir dachten, den Kölner Dom. Solange er noch steht."
- "Gut, weitere Vorschläge!" - "Ein Nacktscanner,
der erst nach Einwurf von zwei Euro funktioniert. Wenn wir die
an allen Flughäfen aufstellen ..." - "Gut. Wie läuft's
mit der Vermietung von Politikern an Sponsoren?"
- "Prima, alle wollen Minister als Osterhasen."
Ein
Telefon schreit auf. Es ist die mongolische Aussenstelle in
Ulan Bator, die den Fund von Resten alter Geldscheine meldet:
"Wir klären, ob sie konvertibel sind." - "Prüft
nicht lange. Tauscht sie ein, bevor das Zeug verfault. Schaltet
mal die Monitore ein." Auf den Bildern sind Gruppen verwahrloster
Kinder in Fussgängerzonen zu sehen. "Der da! Warum lässt
er die Handtasche nicht einfach mitgehen. Das haben wir dem
Gesindel doch gesagt. Betteln alleine ist zu wenig!" Das
Bild erlischt. Stattdessen erscheint die Kanzlerin auf dem Schirm.
"Ich war heute am Geldautomat. Nichts! Wo bleiben die Überweisungen?"
Die Schwitzflecken des Bürovorstehers werden grösser. Merkel
schluchzend: "Schickt wenigstens 80 Euro, damit ich meinen
Hosenanzug aus der Reinigung holen kann. Mir leiht doch niemand
mehr was. Und die Atemsteuer kriege ich mit der FDP nicht
durch." - "Wir tun ja alles. Die Zahngoldsammelaktion
läuft." Plötzlich Dunkelheit. "Verdammt, die Stromrechnung.
Hat noch jemand Kleingeld?" |