Es muss an dieser Stelle
über das beherrschende Feuilletonthema dieser Tage gesprochen
werden: Der Film "Schwarz-gelbe Zeiten ändern dich".
Inszeniert von von Uli Edel, erzählt er die Geschichte des skandalumwobenen
Floskel-Rappers Buhguido (feat. Dr. Dre Westerwelle, siehe Bild).
Zur Deutschlandpremiere im Kino am Reichstag kam der 48-jährige
Unterschichtenschreck im schwarzen Anzug mit salamanderfarbender
Krawatte. Nur mit Mühe konnten enthemmte Fans - orientierungslose
Jungliberale und raffgierige Hoteliers - auf Abstand gehalten
werden. Wen wundert es? Verkörpert Buhguido doch für diese KLientel
den Traum von vom gesellschaftlichen Aufstieg: Vom Kleinbürgerlichen
Gymnasiasten mit Migrationshintergrund (NRW) und kümmerlichen
Afghanistan-Kenntnissen zum Starlobbyisten - das gelungene Portrait
eines profillosen Parvenüs.
In zahlreichen
Sequenzen erinnert das Drama an Pasolinis tabuisiertes Meisterwerk
"100 Tage Sodom und Gomorrha". Auch Edels Film ist
nichts für Zartbesaitete: In schonungslosen Bildern wird eine
Spirale aus Peinlichkeiten und Fehlstarts vorgeführt. Man hat
das Gefühl, hier wird einer von der Mehrheit der Gesellschaft
weggebuht. Buhguido rebelliert. Auf der Suche nach Respekt
und einem Haufen Geld gerät der Outlaw auf die schiefe Bahn.
Buhguido geht für den Mittelstand anschaffen. Trägt randlose
Brillen. Schlägt Frauen aus. Chillt bis zum Morgengrauen auf
Ausländerkonferenzen. Nimmt bewusstseinsverengende Drogen, die
ihm sein opiatisch aussehender Kumpel, der abgebrochene Apothekerlehrling
Phillip "Kasse" Rösler, beschafft und der mit einem
vor sich hinstarrenden Moritz Bleibtreu ("Das Gelbe vom
Ei") zum Wegwerfen gut besetzt ist. Bleibtreu kann die
Aufregung um die als minderheitenfeindlich geltenden Songtexte
des Rappers nicht nachvollziehen: "Wir müssen uns damit
abfinden, dass die FDP ihre eigene Sprache inszeniert."

Ein
Leitmotiv im Film ist die unmögliche Versöhnung mit dem gewalttätigen
Vater (Horst Seehofer). Auch Buhguidos Mutter, die von der Diva
des deutschen Polittheaters Angela Merkel ("Die Unberührbare")
mit viel Taft und Sanftmut gegeben wird, hat keine Zeit für
den Jungen. Sie ist der Beschaffungskriminalität verfallen,
dealt mit illegalen CDs und versteckt sich in Paris bei
einem Frauenhelden. Doch Buhguido, der sich wie im echten Leben
selbst doubelt, gibt nicht auf. Nachdem er eines Nachts mit
einem geknackten Toyota Prius mit Vollgas seine grosse Liebe
Uwe Ochsenknecht überfahren hat und hirnverletzt im Krankenhaus
aufwacht, weiss er plötzlich, was er will: Noch mehr Geld. Er
beginnt zu rappen, kleidet seine Wut in in subtil synkopierte
Steuer- und Abgabemelodien ohne Zukunft - und verdient Millionen.
Ein
Stoff wie gemacht für den Produzenten Bernd Eichinger, den authentische
Stories über deutsche Emporkömmlinge reizen. In "Schwarz-gelbe
Zeiten ändern dich" gehe es, so Eichinger, um ein "Pop-Märchen":
Um fallengelassene Menschen, die in Berliner Regierungsvierteln
aufwachsen und trotzdem in unseren politischen Strukturen "so
gut wie unsichtbar" seien. Bleibt zu hoffen, dass diesen
wunderbaren Film nicht nur eingefleischte Feuilletonisten sehen.
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