Es muss dieser Tage
über einen längst verstorben geglaubten und Angst einflössenden
Verwandten gesprochen werden: Nein, nicht Johannes Heesters,
es ist der Neandertaler. Vor kurzem galt es noch als wissenschaftlich
erwiesen, dass der Homo neanderthalensis vor ungefähr 30 bis
30 000 Jahren zum Ende des Mittelstandspaläolithikums dem modernen
Menschen weichen musste. Über die wahren Gründe kann hier nur
spekuliert werden. Es heisst, die intelligentere Spezies habe
damals gesiegt.
So begann die Jungsteinzeit.
Und mit ihr der Aufstieg der Grünen, was Ausgrabungen von ranzigen
Latzhosen und ungebrauchten Deorollern in luxuriös bestückten
Weinkellern süddeutscher Professoren und Gemeinderäten beweisen.
Seitdem wurde alles weicher, profilloser, glatt rasierter. Das
Sozialverhalten änderte sich radikal. Auch die wilden Hinterbänkler
in den einst barbarischen Unionsrudeln wurden bald nicht mehr
von stiernackigen Alphatieren (Homo straussus, Homo erectus
kohl) mittels Grunzlauten und sklavischer Stammwähler in Schach
gehalten. Statt geschmackloser Vielweiberei und aggressivem
Gegockele regierte nun der feinsinnige Diskurs, das politische
Bonmot und ein präsidialer Führungsstil. Die kultischen Parteisitzungen
waren geschwätziger als die Filme von Eric Rohmer.

Doch
Anfang der Woche stürzten zwei Funde von gelochten und mit orangefarbigen
Pigmente verzierte Muscheln im südöstlichen Spanien Archäologen
in grosse Zweifel. Sie belegen, dass schon der Neandertaler
Sinn für subtil erotische Symbolik und Intimschmuck hatte. Das
Klischee vom Keulen schwingenden Primitivling hätte damit ausgedient.
Allerdings
würde das ebenso bedeuten, dass unser konserativer Zottelvorfahr
vielleicht gar nie verschwunden ist, sondern weiterhin mit einer
perfekten Tarnung unter uns lebt und all die liebgewonnenen
linksliberalen Errungenschaften (Angelika Merkel, Weinkeller
voller Chianti) bedroht. Vielleicht versucht er sich zu artikulieren
und beisst gerade vor Wut in sein Smartphone, gröhlt vor Freude
über das Ende der Bundesligapause, verschenkt Muscheln an unsere
minderjährigen Töchter oder schreibt im Nachbarressort an einer
vernichtenden Polemik gegen unsere arme Kanzlerin. Wer weiss.
Tatsächlich
gibt es Indizien für die Renaissance eines mutierten Neandertalers.
Nicht nur an den spanischen Küsten und in der hessischen CDU,
wo ja traditionell die Jagdgründe unserer flachstirnigen Urmenschen
waren. Man denke da auch an die kriegerischen Homoniden Oliver
Kahn (im Profil) oder Gregor Gysi (hinterrücks), die ihre Gegner
einfach wegbrüllen. Und ein Kollege will etwa den borstigen
Homo oetteringerus in Brüssel gesichtet haben, wie er "mehr
Führung, mehr Führung" in Richtung Berlin krächzte, während
er von kaltfingerigen EU-Zöllnern auf Vorzugsaktien von Eon
und Vattenfall hin untersucht wurde.
Deswegen,
geneigte Leser, sollten Sie unbedingt achtgeben auf profilgeschädigte
Glossen und Pigmente in Orange. Es könnte sich nämlich um um
das Werk eines Neandertalers handeln. |