Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (29. November 2009)
 

   Die gute Nachricht zuerst: Es wird, wie es einmal war. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt nämlich: Die Energie eines abgeschlossenen Systems bleibt unverändert. Nichts geht verloren. Verschiedene Energieformenkönnen sich demnach ineinander umwandeln, aber Energie kann weder aus dem Nichts erzeugt, noch kann sie vernichtet werden.

   Das ist tröstlich, zumal es in dieser seltsam kalt glühenden Novemberwoche zahlreiche Beweise für die Korrektheit des physikalischen Lehrsatzes gab. Zum Beispiel Günther Oettinger. Zahlreiche Kritiker und Oppositionelle verhöhnen den gerade auf die Frauenwelt unwiderstehlich elektrifizierend wirkende Kernbrennstoff nach seinem Schnelltransport ins vermeintliche Atomendlager Brüssel. Man dachte, Oettinger, dieser radioaktive Risikomüll der CDU, dessen psychedelisches Sprachgeknister an das schnurrende Rieselwasser im Kühlturm des Karftwerks in Neckarwestheim erinnert, sei am ENde seiner diabolischen Strahlkraft. Doch als frisch wiederaufbereiteter Energiekommissar ist er für die Gewinnung von waffenfähigen Maultaschen im Kampf gegen die grauen, halb zerfallenen, aber sich neu formierenden Anti-Atomkraftisotope in der Europäischen Union unerlässlich.

   Oettinger ist somit gar nicht verschwunden. Er hat sich gemäss des ersten thermodynamischen Hauptsatzes lediglich in eine andere Energieform umgewandelt. Der Physiker spricht in solchen Fällen von Dissipation. Aus Jung wird von der Leyen. Aus Steuergeldern werden Boni. Man kann die Verwandlung energetischer Zustände leicht zu Haus' bei einem Küchenexperiment nachweisen. Man nehme einen Bembel voller Ebbelwoi, versenke darin einen Frankfurter Handkäs und garniere das Ganze mit Rippche und Sauerkraut. Dann schalte man das Radio ein und stelle einen öffentlich-rechtlichen Sender ein, etws Volkstümliches, CDU-kompatibles, vielleicht etwas Fischer-Chor-mässiges, und beschalle diese regionale Spezialität mehrere Legislaturperioden lang bei voller Lautstärke. Die folgende Dissipation ist unglaublich: Aus dem Bembel entsteigt ein energiesprotzender Roland Koch. Zuerst dachte man, dieser vordemokratische Journalistenhasser sei aufgrund seines deformierten Aussehens der einzige Überlebende eines vertuschten Atomunfalls in Nordkorea namens Kim Il-Koch. Doch in ZDF-nahen Kreisen wird heftig dementiert, Man sollte sich vielleicht gerade in hessischen Energiefragen von menschenähnlichen Äusserungen nich täuschen lassen.

   Somit wären wir auch schon bei der schlechten Nachricht angekommen. Was Thermodynamiker schon lange befürchteten, ist nun traurige Gewissheit: Die einzige unkontrollierbare Energie ist letztlich die maskulin erotische. Ihr entkommt niemand. Über Heissleiter in erigierten Augenbrauen können erfahrene poetische Kraftwerke wie Martin Walser ihre Hochspannung auf wehrlose Frauen übertragen, es kommt zu unverhüteten Überschlägen, wobei diesen Erotomanen selbst nichts zustösst - wie im Faraday'schen Käfig. So ist die willkürliche Existenz von Jakob Augstein, von Theo Waigel und Bert aus der Sesamstrasse zu erklären, allesamt Söhne (siehe Bild) des gefährlichsten literarischen Meilers am Bodensee. Nicht einmal die CDU kann diese Zwischenfälle ignorieren.
 

 

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