Haben Sie heute schon in
den Spiegel geschaut? Sind Sie sicher, dass Sie das waren, den
Sie da gesehen haben? Ich wäre mir da nicht so sicher. Könnte
gut sein, dass es Günter Wallraff war.
Kenn
Sie Günter Wallraff? Falls nicht, auch egal. Der Undercover-Journalist
kennt sich selbst nicht, ist er doch ständig damit beschäftigt,
sich zu verkleiden und abzutauchen. Das Letzte, was ich von
ihm gelesen habe, war ein Artikel im "Zeit"-Magazin.
Es handelte davon, wwie sich Wallraff als Brötchen verkleidet
bei einer Firma im Hunsrück eingenistet hat, in der Lidl Backwaren
herstellen lässt. Es las sich wie trocken Brot.
Nach
dem Brötchen-Coup war es ruhig geworden um den Rechercheur.
Dies konnte nur eines bedeuten: Nichts Gutes. Wie nun bekannt
wurde, war Wallraff ein Jahr lang als Somalier unterwegs, um
den "alltäglichen Rassismus in Deutschland" zu dokumentieren.
Dies erzählte diese Woche Wallraffs schwedischer Biograf Stig
Hansén auf der Göteborger Buchmesse. Falls Sie sich wundern,
dass der Kölner Wallraff einen skandinavischen Biograf hat.
Nun, der Mann ist in Skandinavien sehr populär. Seine Arbeitsweise
heisst auf Schwedisch wallraffen, nicht zu verwechseln mit dem
norwegischen Walraffen.
Wallraffer
Wallraff sagte zu der Somaliergeschichte nur so viel: "Man
sollte sich jedem Schwarzen gegenüber freundlich und menschlich
verhalten - es könnte ja ich sein." Eine kühne Behauptung.
Es wäre ja denkbar, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe nun
Repressalien ausgesetzt sind, weil man sie für Günter Wallraff
hält.
Reichlich Aufsehen hat auch das
Video einer vollbusigen Schönheit erregt, die sich auf dem Rasen
vor dem Reichstag räkelt und eine gesungene Liebeserklärung
an Frank-Walter Steinmeier abgibt. Wer sich hinter "Steini-Girl"
verbirgt, ist unklar. Wallraff dementierte nicht.
Und
Sie, liebe Leser, die ma Sonntag zur Wahl gehen. Denken Sie
daran: Man kann nie sicher sein, wem man seine Stimme gibt.
Im Zweifel macht man sich zum Wahlaffen. |