Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (06. September 2009)
 

   Der Herbst kommt, die Vögel verlassen das Land und haben die Abwrackprämie (hier mit Kumpel Willi, siehe Bild) mitgenommen. Nach einem kurzen Zwischenstopp auf den Balearen, wo die müde Prämie auf Drängen eines öligen Investors zwei marode Touristentempel mit einem Mini-Tsunami vom Sandstrand spült, weilt sie jetzt erschöpft im Winterquartier auf einer kleinen Seychellen-Privatinsel. Dort lebt sie hinter einem kilometerlangen Sichtschutz aus unvermählten Asiatinnen Bucht an Bucht mit alternden Hollywoodsternen und unlängst reich gewordenen Chefverkäufern japanischer Kleinwagen.

   Unsere Redaktion "Aufbruch und Abbruch" hat sich auf die beschwerliche Fernreise gemacht, um mit der urlaubenden Prämie über die ökonomische Zukunft ihres Heimatslandes zu sprechen. Der Kollege musste eine Erklärung unterschreiben, das er nicht Besitzer eines mehr als zehn Jahre alten Autos ist, dann wird er vorgelassen.

   Die Prämie zeigt sich guter Dinge und schlürft lässig einen Cocktail "Westerwind" (frisch geschredderte Liberale auf Lemoneneis). Das Problem sei nur, erklärt die Prämie, dass durch ihr Wirken die Deutschen gelernt hätten, dass man für jeden alten Mist eine Menge Geld bekommt, wenn man ihn plattmachen lässt und sich neuen Mist kauft. Dieses Modell müsse natürlich jetzt fortgeführt werden, sonst platzt die Blase, und die Börse kollabiert.


   Danach lächelt die Lady Wracky gütig und erklärt, dass sie in den vergangenen acht Monaten genug Zeit hatte, um Ableger im Land zu platzieren. Abwrackprämien vermehren sich wie Agrarsubvensionen und EU-Mittel ungeschlechtlich, indem sie Kokons an geeigneten Stellen implantieren und per Funkbefehl rechtzeitig aktivieren.

   Als Nächstes werden die Deutschen mit einer Abwahlprämie für die Grosse Koalition manipuliert. Wracky erzählt, dass liberale Greifertrupps von morgen an mit Frankfurter Kranz und koffeinfreiem Kaffee in Pflegeheimen Stimmen sammeln, die Linke bietet eine Lafontaine-Büste aus Stahlbeton und ein Pfund rote Blätter aus den 70ern für eine Stimme, die Grünen eine virtuelle Umarmung mit Altstar Joschka Fischer im Internet und ein halbes Lot Hanfsamen.

   Dass dies Bestechung sei, weist die Prämie zurück. "Papperlapapp", töbert Wracky, "das ist nur die Fortsetzung des Prinzips 'neuer Schrott für alten Schrott'." Überhaupt sei das bei den Autos ja nicht anders gewesen. Der Druck auf Altwagenbesitzer, ihre Möhren in die Presse zu geben, war derart gewaltig, dass sich Verweigerer einem Hartz-IV-Verdacht aussetzten. Aber wer wollte das schon. "Und nur so", sagt Wracky, "kurbeln wir die Konjunktur an."

   Vor Weihnachten wird deshalb die Rückgabe von weissen Sommer-Schokokugeln mit fünf Euro und einer Tonne Dominosteine belohnt. Zur Stützung der gebeutelten Automobil-Zulieferindustrie wwerden alte Christbaum-Leuchtketten für 500 Euro aufgekauft, wenn der Besitzer seinen Weihnachtsbaum 2009 mit Nebelscheinwerfern, Warnblinkleuchten, Zündkerzen oder Bremsscheiben schmückt. Zum Fest gibt es zudem eine Trollinger-Flatrate für jeden abgewrackten Röhrenfernseher.

   Was danach kommt, will Wracky nicht sagen. Sie zupft genüsslich etwas halbgares Zitronengras und bittet den Kollegen zu gehen.
 

 

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