Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (23. August 2009)
 

   Dass der Krieg seine schönen Seiten hat, ist unter Künstlern und Feuilletion-Journalisten unumstritten. So findet auch Quentin Tarantinos neuer Film "Inglourious Bastards" viel Lob, zeigt er doch faszinierend detailgetreu, wie Schädel zertrümmert und Nazi-Skalps fachmännisch abgezogen werden. War halt doch nicht alles schlecht, damals. Das Publikum reagiert euphorisch. In den ersten Vorstellungen schossen Besucher aus Begeisterung in die Luft oder bohrten übermütig ihre Messer in die Rückenlehne des Vordermanns.

   US-Präsident Obama gehört ebenfalls zu denjenigen, die den Krieg wieder zurück zu den Menschen bringen wollen. Er lehnte diese Woche den Bau einer atombombensicheren Kombüse in seinem Diensthubschrauber ab. Er brauche keinen Helicopter, "in dem ich mir ein Essen kochen könnte, während wir unter nuklearen Beschuss stehen". Weitere Kampfflugzeuge vom Typ F-22 werde es auch nicht geben. Sie hätten die Steuerzahler fast zwei Milliarden Dollar gekostet. Obama verschwieg allerdings, dass man dafür auch ordentlich was bekommt: Körpergerechte Sitze, Knie- und Schläfenairbags, variable Innenbeleuchtung, CO²-Abscheider und ein getrenntes Raucherabteil.

   Obama steht mit seiner Abkehr vom schnöden Technizismus in einer langen Tradition. Wie "Der Spiegel" diese Woche berichtete, versuchten die USA schon immer etwas fantasievollere Waffen zu entwickeln: Fledermäuse mit umgeschnallten Brandsätzen, unsinkbare Flugzeugträger aus Eis, Bomben mit Hormonstoffen, die feindliche Soldaten zu Homosexuellen machen sollten.



   Aus Sicht der seriösen Wissenschaft sind das betuliche Skurrilitäten. Unsere Wissenschaftsredaktion forscht seit langem an der Entwicklung von effizienten und zugleich humanen Waffensystemen, die auch für ein mittleres Einkommen oder gar für einen afrikanischen Zwergstaat erschwinglich sind und gleichzeitig die schwülen Fantasien von Generälen und Filmemachern bedienen. Ihr Hauptzweck: Den Krieg als inneres Erlebnis wiederzubeleben und einem weinerlichen Pazifismus Paroli zu bieten.

   So stehen in unserer alten Garage noch einige Schüttelgeneratoren, die ganze Landstriche so in Vibration versetzen, dass keine geordnete Schlachtaufstellung mehr möglich ist. Entwickelt werden auch intelligente Flugkörper, die höflich an der Tür klingeln und erst, nachdem sie sich vergewissert haben, an der richtigen Adresse zu sein, detonieren. Zugleich achten sie darauf, dass Gegenstände der sozialen Grundsicherung wie Fernseher oder Bestecksätze nicht beschädigt werden. Noch in der Testphase sind Sex-Bomben (siehe Bild) und gute Minen, die Haarausfall und Nervosität auslösen. Die Bio-Bomblets, die mehrere Quadratkilometer Gelände so dicht mit Blumenkohl bepflastern können, dass eine ganze gegnerische Division schmerzhafte Blähungen bekommt, sind so gut wie verkauft. An wen, verraten wir natürlich nicht. Bei unserer Redaktion selbst hat man sehr gute Erfahrungen mit vergifteten Schlagzeilen gemacht, die beim Leser sofort wehrkraftzersetzende Gemütszustände auslösen.

   Genug! Möge der Ernstfall nur im Kino eintreten. Falls Sie den Eindruck haben, diese Militär-Fantasien trügen Züge von Wahnsinn, haben Sie wohl recht. Es kann aber auch die Hitze sein.
 

 

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