Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (16. August 2009)
 
Protest! Protest?
 

   Diese Woche macht, was sie will. Die Wolken gönnen mir Sonne nicht, und wer soll nur die neuen Bundesliga-Spielzeiten verstehen? Es ist zum Heulen. Ich möchte mal allen die Meinung geigen: Ihr Kachelmanns, Ihr Zwanzigers - so nicht!

   Aber ich habe genug vom Protestieren und Demonstrieren. Es ist zu laut, die T-Shirt zu eng, ausserdem wird zu viel gelaufen. Früher hab' ich es versucht, für die Freiheit der Universitäten und gegen den Kantinenfrass. Danach wurde alles nur schlimmer. Zu den Studiengebühren kamen die wunde Füsse, und das halbe Hähnchen feiert nach wie vor seine Wiederauferstehung als Geschnetzeltes und Frikassee. Heute würde ich nur noch demonstrieren, damit man mich endlich in ruhe lässt. Es ist ein stiller Protest.

   "Heuchler! Verräter! Schnarchgesicht! Mit so einem wir dir geht die Welt zugrunde", schimpfen meine idealistischen Freunde. "Stimmt alles", antworte ich. "Aber mal praktisch gesehen: Weshalb mangelt es selbst bei einem einfachen Sitzstreik an bequemen Gestühl?! "Zyniker! Sofahocker! Materialist!", schreien sie. "Man darf die Werte nicht an Bequemheit und Geld messen!" "Aha", sage ich. "Und wohin führt unsere Kostenlos-Kultur? Das Internet wird geplündert, die Probierecke beim Metzger leergefressen, und jetzt sollen noch Demonstranten für lau schuften?"

   In Brasilien, meldet unser Korrespondent, muss man für Miet-Demonstranten zahlen - egal, ob für oder gegen eine Sache. Das ist doch einmal ein unideologischer Ansatz, sieht man von den Kapitalisten und Exhibitionisten ab. Und es ist ökonomisch sinnvoll: Demonstranten kurbeln die Wirtschaft an, insofern sie nicht gegen die Wirtschaft protestieren. In diesem Fall müsste man auch die Gegendemonstranten entlohnen.

   Für etwas Geld würde auch ich wieder auf die Strasse gehen. Ich hätte schon eine Anzeige parat: "1-a-Demonstrant, engagiert, flexibel, örtlich ungebunden, sucht Einsatz auf Honorarbasis. Kann schnell laut werden, stramm marschieren und je nach Bedarf die Faust ballen oder den Arm strecken. Fester Strassenbelag bevorzugt." Das mag ja aus Gründen der Moral bedenklich sein, weil mein Engagement etwas geheuchelt ist. Aber dagegen soll dann ein anderer protestieren.
  

 

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