Urlaubszeit, endlich. Die
Städte leeren sich, nur noch einzelne Bundesminister arbeiten
schwer an der Costa Blanca und werden dafür auch noch angemistet,
nur weil das Autochen für ein paar Tage verschwindet. Typisch
deutscher Kleingeist, man braucht sich nicht zu wundern, wenn
es hier langsam bergab geht. Moderne Menschen verknüpfen nunmal
Urlaub mit Arbeit, rasten nie, produzieren ständig, schaffen
Ideen, Märkte, Sensationen.
Im Tourismus
ist es jetzt schon so weit, dass nichht wir das Geld an irgendeiner
Costa verbraten, sondern sich das Ausland in Good Germany
erholt. Wegen der Kultur, dem Weissbier, Neuschwanstein, Heike
Makatsch und dem Schwarzwald, sagt man. Unsere Redaktion "Reis
und Bett" hat Berichte über touristische Übergriffe in
Deutschland gesammelt. Eine erschütternde Dokumentaion.
Im
nahen Baden-Baden wurden kahl geschorene Ölhändler aus Osteuropa
beobachtet, die Kaugummi, Wodka und Zigaretten unter
badischen Kleinkindern verteilten, während sich ihre blondierten
Gattinnen in einer Privatklinik im Nordschwarzwald vergoldete
Brustimplantate einbauen liesse. In Bayern musste das Schloss
Neuschwanstein einige Tage geschlossen werden, weil sich im
Thronsaal 14 200 Japaner heillos ineinander verkeilt hatten.
Manchen drohte im Blitzlichtgewitter die elektronische Selbstentzündung,
zwei sollen sogar lachend in vier Meter hohen Lüster geschaukelt
haben.

Umtriebe
gab es auch an der Ostsee, weil Tauchtouristen aus Sri Lanka
im grünlich-seichten Wasser südlich von Heiligenhafen vergeblich
nach der "Koralle des Nordens" suchten. Die Gäste
wussten nicht, dass dies ein Kräuterlikör aus südskandinavischem
Sumpfleberwurzeln ist, der im Abgang kratzt, deshalb Koralle.
Die Kurverwaltung verteilte zum Trost Freikarten für das Meeresaquarium
in Fehmarn, wo allerdings ein Tourist ins Becken sprang und
einen sehr seltenen Leopardenhai (siehe Bild) harpunieren wollte.
Deutschland
als Touristenland bietet aber auch ganz neue Beschäftigungsmöglichkeiten
für gefeuerte Mitelschichtler. Frei gewordene Mitarbeiter aus
der Automobilbranche gründen zurzeit im Süden ein Werk für zeitgenössische
Bollenhüte, die aus gepressten Abwrackautos gefräst werden.
Versprengte Journalistengruppen führen algerische
Naturtouristen durchs Lautertal und lesen nachts am Lagerfeuer in perfektem
Französisch aus ihren besten Artikeln vor. Entlassene IT-Spezialisten
erfanden ein blinkendes Computerspiel (Super-Seppl 1) für spanische
Kinder, in denen ein Lederhosenträger mit Bierkrügen nach arglosen
Menschen wirft. Am Ende ertrinkt der wütende Bayer in billigen
andalusischem Brandy.
Weniger qualifizierte
Krisenopfer eröffnen ein typisch deutsches Restaurant (Schnitzel-Haus,
Schnitzel-Fabrik, Schnitzel-Schnitzel) mit panierter Pappe für
die Amis. Das wird ein schöner Sommer werden. |