Liebe Leser, bestimmt haben
Sie auch erst kürzlich diese aufwühlende Erfahrung gemacht.
Nach dem Aufwachen, an einem dieser aschgrauen deutschen Julimorgen
im Jahr 2009, beschleicht Sie das Gefühl der Ausweglosigkeit
und Scham. Sie liegen in dem muskulösen Armen eines friedlich
vor sich hin schnarchenden Edamers, dessen schlecht rasierten
Naturrinde Ihnen völlig unbekannt vorkommt. Tausend Fragen schiessen
Ihnen jetzt wie entfesselte Twitterschwärme durch ihr rumorendes
Schädelkontinuum. Wieso regt sich hierzulande niemand über
zu Guttenbergs ("Schwarze Null") Quartalsrassismen
auf? Existiert ein Zusammenhang zwischen der Heisenberg'schen
Unschärferelation und Ihren Berufsperspektiven im Horoskop Ihrer
Zeitung? Kennt eigentlich jemand die Handynummer von Marie Bäumer?
Doch
genau dieses Gefühl, alles sei falsch und gemogelt und irgendwie
verschwörerisch, ist möglicherweise nur ein unbedenkliches
Hirngespinst. Diese tröstliche Nachricht verbreitete jedenfalls
die aktuelle Ausgabe der "Neuen Apotheken Illustrierten".
Darin heisst es, dass auch ein gesundes Gehirn seinem Besitzer
leicht Streiche spielt. "Manchmal reicht bereits eine gewisse
Zeit des Alleinseins und der Stille, und das Gehirn beginnt,
sich sozusagen selbst Gesellschaft zu leisten." Beid en
Spitzenpolitikern der CSU ist es auch keine Seltenheit, dass
ihre völlig vereinsamten und allein gelassenen Gehirne in ausgelassener
Stimmung die angestammten Behausungen verlassen, bierselige
STreiche spielen und sich auf Parteitagen kichernd in den Schaumkronen
verstecken, wo sie dann leider oft von rückgratlosen Deligierten
weggeschlürft werden. Manch ein Ministergehirn verirrt sich
auch, endet als ausgequetschter Schwamm in der Geldwaschanlage
einer maroden Landesbank oder landet im nächsten Supermarkt,
wo es im Kühlregal als Vanillepudding zum Verzehr angeboten
wird.

Aber
das sind die AUsnahmen. Zusammenfassend kann man sagen: Hinter
den Trugbildern dieser Tage verbergen sich keine Geisteskrankheiten,
sondern lustige Halluzinationen. Michael Jackson lebt.
Die Renten sind sicher. Der Sommer steht vor der Tür. Lance
Armstrong isst Bananen. Wendelin Wiedeking hat viel geleistet.
Und dieser Edamer, der Sie so sehr drückt und knufft, ist in
Wirklichkeit ein Schinkenimitat aus gammelnden Formfleisch.
Ebenso wenig ist diese Zeitung eine Zeitung. Zum Beweis müssen
Sie nur diese gefakten "Dinge der Woche" sechszehnmal
falten und auf der Zunge zergehen lassen. Dann wissen Sie endlich,
wie Monologkäse (siehe Bild) wirklich schmeckt. |