Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (19. Juli 2009)
 

   Liebe Leser, bestimmt haben Sie auch erst kürzlich diese aufwühlende Erfahrung gemacht. Nach dem Aufwachen, an einem dieser aschgrauen deutschen Julimorgen im Jahr 2009, beschleicht Sie das Gefühl der Ausweglosigkeit und Scham. Sie liegen in dem muskulösen Armen eines friedlich vor sich hin schnarchenden Edamers, dessen schlecht rasierten Naturrinde Ihnen völlig unbekannt vorkommt. Tausend Fragen schiessen Ihnen jetzt wie entfesselte Twitterschwärme durch ihr rumorendes Schädelkontinuum. Wieso regt sich hierzulande niemand über zu Guttenbergs ("Schwarze Null") Quartalsrassismen auf? Existiert ein Zusammenhang zwischen der Heisenberg'schen Unschärferelation und Ihren Berufsperspektiven im Horoskop Ihrer Zeitung? Kennt eigentlich jemand die Handynummer von Marie Bäumer?

   Doch genau dieses Gefühl, alles sei falsch und gemogelt und irgendwie verschwörerisch, ist möglicherweise nur ein unbedenkliches Hirngespinst. Diese tröstliche Nachricht verbreitete jedenfalls die aktuelle Ausgabe der "Neuen Apotheken Illustrierten". Darin heisst es, dass auch ein gesundes Gehirn seinem Besitzer leicht Streiche spielt. "Manchmal reicht bereits eine gewisse Zeit des Alleinseins und der Stille, und das Gehirn beginnt, sich sozusagen selbst Gesellschaft zu leisten." Beid en Spitzenpolitikern der CSU ist es auch keine Seltenheit, dass ihre völlig vereinsamten und allein gelassenen Gehirne in ausgelassener Stimmung die angestammten Behausungen verlassen, bierselige STreiche spielen und sich auf Parteitagen kichernd in den Schaumkronen verstecken, wo sie dann leider oft von rückgratlosen Deligierten weggeschlürft werden. Manch ein Ministergehirn verirrt sich auch, endet als ausgequetschter Schwamm in der Geldwaschanlage einer maroden Landesbank oder landet im nächsten Supermarkt, wo es im Kühlregal als Vanillepudding zum Verzehr angeboten wird.



   Aber das sind die AUsnahmen. Zusammenfassend kann man sagen: Hinter den Trugbildern dieser Tage verbergen sich keine Geisteskrankheiten, sondern lustige Halluzinationen. Michael Jackson lebt. Die Renten sind sicher. Der Sommer steht vor der Tür. Lance Armstrong isst Bananen. Wendelin Wiedeking hat viel geleistet. Und dieser Edamer, der Sie so sehr drückt und knufft, ist in Wirklichkeit ein Schinkenimitat aus gammelnden Formfleisch. Ebenso wenig ist diese Zeitung eine Zeitung. Zum Beweis müssen Sie nur diese gefakten "Dinge der Woche" sechszehnmal falten und auf der Zunge zergehen lassen. Dann wissen Sie endlich, wie Monologkäse (siehe Bild) wirklich schmeckt.
 

 

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