Der Sommer röhrt, die Politik
döst, die Krise schwitzt, der Fussball hat Pause. Zeit für das
Leben. Und was passiert? Nix. Ein Besuch im städtischen Freibad
wirft ein trauriges Bild auf den Singleismus der Zeit. Schöne
Männer liegen weinerlich und einsam auf viel zu kleinen Blanc-Bleu-Strandtüchern
und lesen Börsenmagazine oder Romane von Richard Ford. Dazwischen
zufällig hingestreute Frauen mit riesigen Sonnenbrillen und
betont gelangweilten Gesichtszügen, die nach Abwehr aussehen
und das Gegenteil meinen - sagt Mann, der sich aber nicht traut.
Dabei
ist es so einfach, doe Juli-Isolation zu durchbrechen. Was Sie
brauchen ist Internet, eine Mailadresse und ein wenig Geduld,
dann bekommen Sie vielleicht Post, wie sie jüngst unsere Redaktion
"Netz und Strumpf" erreicht hat.
"Hallo
Du, ich armes bulgarisches Mädchen aus Sibiriski bin
und Suchte nach einem treuen Mann, dem ich Hertz schenken kann.
Ich Vanja heiss, bin 22 Jahrzehnte alt und traurig. Wenn du
Mensch guter und ährlich, melde bitte dich."

Darunter
ein Bild von Vanja, die ganz offensichtlich derart arm ist,
dass sie in einem öffentlichen Brunnen duschen muss (siehe Bild).
Nachdem wir aus 23 Kollegen des Ressorts den passenden für die
Recherche ausgekämpft hatten, schrieb der zurück:
"Hallo
Vanja, jaaa, ich stark, gross, Baum und Mann und alles. Ich
ehrlich wie ein Schraubenschlüssel und duschen du kannst
die nächsten 100 Jahre bei mir. Dich melden bitte. Es grüsst
Friedolin."
Der Kollege hängt
noch ein Bild an aus dem Film, in dem Götz George Mario Adorf
spielt, und drückte auf Senden. Schon bald kam die Antwort:
"Lieber
Fridolin. Du Träume mann für bist mich. Ährlich. Ich
dich gerne besuchen, wenn du mir Adresse schickst und Geld a
bissle, weil ich nix kaufen kann Zugkarte und es fehlen noch
auch Medikamente für kranke Mutter und ein für mich Kleid, da
ich höbsch will sein für dich."
Das
leuchtet ein. Wir sind uns schnell einig. Vanjas Mutter muss
geholfen werden. Dass mit dem Kleid für die Kleine - nun ja,
der Bikini tät's bei der Hitze sicher auch, aber wir
wollen mal nicht so sein. Nicht, dass sie sich auf der tagelangen
Zugfahrt erkältet. Wir wollen gerade ein gut vierstelliges Sümmchen
auf das Konto der Bank auf den Cayman Islands überweisen, als
ein Kollege aus der Redaktion "Rechts und Links" auftritt
und uns erklärt, dies sei ein billiger Trick. Danach weinen
wir ein wenig und der Kollege schreibt:
"Hallo
Vanja, ich Dir schicken Karte Zug, wenn Du schreibst, wohin.
Dazu noch Gemüsebrühe, Nylonstrümpfe, Glasperlen und ein
paar Handgranaten. Mehr nicht leider haben. Auch meine Mutter
krank, die sich aber freut, von Dir bald gepflegt a bissle.
Dein Fridolin."
Wir haben nie
wieder etwas gehört. Der Juli bleibt einsam. |