Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (17. Mai 2009)
 
Nach links gerutscht
 

   Herr Vögelein, ein so treuer wie kritischer Leser dieser Kolumne, hat mich unlängst auf einen kleinen, durch unser neues Layout bedingten Schönheitsfehler hingewiesen. Eigentlich, meinte Herr Vögelein, werde diese Kolumne ihrem Titel nicht mehr hundertprozentig gerecht. Denn nun stehe sie nicht mehr am rechten Rand ganz unten, also an allerletzter Stelle, sondern links unten. Streng genommen müsste diese Kolumne nun, das sie vier Spalten nach links gerückt worden sei, "Das Vorvorvorvorletzte" heissen.

   Offenbar ist Herr Vögelein ein ordentlicher Zeitungsleser. Er fängt bei einer Seite links oben zu lesen an und hört rechts unten auf. Ich habe Herrn Vögelein geschrieben, dass ich seinen Einwurf verstehe, aber als Schreibkraft gegen layouterische, grafische und sontige göttliche Vorgaben machtlos sei. Das Einzige, was ich tun könne, sei, so zu schrieben, dass diese Rubrik ihrem Titel inhaltlich gerecht wird.

   Vo einiger Zeit hat sich der "Zeit" - Kolumnist Harald Martenstein darüber beschwert, dass seine Texte nie mit einem I anfangen dürften. Dies hängt damit zusammen, dass am Anfang von Martensteins Kolumne stets ein Initial steht. Ein I als Initial, das leuchtet selbst Menschen ein, die Isidor oder Irena heissen, macht optisch nichts her. Viel schöner ist ein A, ein R, ein S, ein C oder ein H.

   Man muss kein Schreiber sein, um zu verstehen, dass solche grafische Vorgaben, so verständlich sie sein mögen, die künstlerische Freiheit eines Autors einschränken. Nie könnte Harald Martenstein mit Sätzen wie "Iltisse sind mir eigentlich zuwider" oder "Irrlichternd betrat der junge Staranwalt die Bar" eröffnen.

   Ich bin froh, dass ich mich mit diesem Problem nicht herumschlagen muss und bei unserem Blatt das Initial durchgängig abgeschafft wurde. Das befreit von Zwängen. Wenn ich wollte, könnte ich diese Kolumne also ohne weiteres mit "Ich würde am liebsten allen Layoutern und Grafikern dieser Welt den Hals herumdrehen" anfangen. Wenn ich wollte, könnte ich das. Aber ich will nicht.

 

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