Endlich. Diese Woche ist
das Geheimnis der Schönheit nunmehr gelüftet worden. Jahrtausendelang
haben wir körperfixierten Menschen diesen abstrakten und äusserst
missverständlichen Begriff gezupft, gepeelt, geritzt, gerupft,
gespritzt, gepolstert, geschnitten, gesaugt und gelasert, bis
von ihm nicht mehr übrig blieb als ein geschunderner Wortleib.
Täglich waren wir einem medialen Trommelfeuer von vermeintlichen
Schönheitsidealen ausgesetzt, trugen in unserer Verwirrung Tellerlippen,
banden uns die hornhäutigen Lotosfüsse ab öder föhnten vergeblich
die Haare kunstvoll geometrisch nach Art von Claudia Roth. Bis
heute behaupten manche (arme Hässliche, reiche Waldorfschüler,
superreiche Gastroenterologen) steif und fest, wahre Schönheit
komme von innen, während die anderen das Schöne und Erhabene
weiter draussen vermuteten: Im Himmel ... oder in den aktuellen
Steuersenkungsutopien der CDU. Doch damit hat es nun ein Ende.
Denn
am vergangenen Mittwoch präsentierte uns irgendso ein wahnsinnig
berühmter Archäologieprofessor ("Nature and Science",
"The Flintstones"), auf einer Pressekonferenz voller
Verzückung die "Venus von der Alb" (siehe Bild,
ganz rechts). Emsige Forscher haben selbige in einer finsteren
Neubauhöhle im Speckgürtel von Tübingen nach zehnminütiger Suche
neben einer Knochenflöte und einer voluminösen Chipstüte (Cheese
& Onion) gefunden. Über die Gründe, weshalb sich am Fundort
auch ein eingeschalteter 40-Zoll-Flachbildschirm, eine zerknitterte
Tageszeitung sowie eine surrende Tischkreissäge befunden haben,
kann nur spekuliert werden.

Experten
schätzen das Alter der elfenhaften Frauendarstellung auf 52
oder vielleicht auch 35 000 Jahre bzw. 137 Kilogramm. Die schädellose,
aus Mammutfeinripp geschnitzte Schwäbinnendarstellung reiht
sich ein in eine ganze Reihe von sogenannten Sumo-Venusfigurinen,
die in spätkapitalistischen Jungpaläolithikum üblich waren.
Auffällig, so der berühmte Professor, seien die überdimensionierten
Brüste. Die Figur sei ausgezeichnet und bis auf das linke Achselhaarbüschel
vollständig erhalten. Des Weiteren verfügt diese archäologische
Sensation aus dem Alb-Donau-Kreis über ausgeprägte Geschlechtsmerkmale,
wobei die extreme Betonung der merkwürdig versetzten Vulva ins
Auge sticht, während die stummelartigen Arme und Beine verkümmert
ausgearbeitet scheinen. Es handelt sich mit grosser Sicherheit
um einen künstlerischen Ausdruck von Fruchtbarkeit, hiess es.
Kurzum: Die Venus von der Alb ist einfach nur - wunderschön.
Umso
schlimmer also, dass sich zu der Abbildung der ephemeren Albschönheit
ein Foto von Reiner Calmund gesellt hat (siehe Bild, ganz links),
was offensichtlich ein unverzeihlicher technischer Fauxpas ist.
Der Ex-Manager von Bayer-Leverkusen und Top-Model ("Venus
von Leverkusen") hat nämlich in dieser Woche für seine
Diät den Health Media Award überreciht bekommen: 29 Kilogramm
in acht Monaten auf nun 137,5 Kilogramm! Die "BILD"-Zeitung
berichtete, wer sonst. Aber wen interessiert das überhaupt noch?
Ist es doch nur ein Ausdruck eines frauenverachtenden Schönheitswahns
vergangener Tage. |