Nur schlechte Nachrichten:
Die Wirtschaft am Boden, die Grippe im Antröpfeln, der April
zu warm und auf jedem freien Stück Land zwischen Holzwickede
und Geiselgasteig graben hohlwangige Leiharbeiter im Morgengrauen
Spargel (siehe Bild) aus eilig aufgeschütteten Sandhügeln irgendeines
Existenzgründerprogramms. Tonnenweise weisse Stangen verstopfen
die Märkte. Spargel, einst teure Delikatesse, wird jetzt sogar
schon in Kantinen verramscht, eingewickelt in pappige Pfannkuchen
mit zuviel Cholesterin und garniert mit einer Gen-Erdbeere aus
Chile. Im Discounter gibt es dazu räsen "Spargelwein"
für 1,99 aus Ländern, die keinen Spargel kennen, fettige
Sauce Hollandaise im Pappkarton und vor etlichen Jahren
eingeschweissten Anabolika-Vorderschinken aus italienischer
Grossmast. Bäh. Bäh. Bäh.
In solchen
schweren Zeiten erinnerte sich die Belegschaft unserer Redaktion
an vergangene Epochen, als es im Blatt noch der Resort "Heile
Welt und Monarchie" gab und jede Woche zwölf positive,
heitere, optimistische Geschichten im Blatt zu stehen hatten.
Trollige Hundebabys, die Zimmerpflanzen ausbuddelten und ein
Bächle in die Küche machen, das Porträt einer Frau, die neun
Kindern von zwölf Männern das Leben schenkt und ohne Urlaub
glücklich ist, Seniorentanzgruppen, die in Tibet mmit nackten
Füssen Yak-Butter für einen guten Zweck stampfen - lauter schöne
Themen.

Nach
längerem Suchen fand sich im dritten Stock des Redaktionsareals
ein älterer Kollege, der noch wusste, dass die Redaktion "Heile
Welt und Monarchie" vor 19 Jahren in eine Gewölbe im Ostflügel
ausgelagert wurde. Wir wurden fündig und entdeckten drei etwas
ungepflegte Männer in schwarzen Jeans, fadenscheinigen Lacoste-Polos
und Jesussandalen, dazu eine Frau in einer schwarzen Nietenlederhose
mit toupierten Haaren. Alle rauchten und beugten sich hustend
über einen Nadeldrucker, der Agenturtexte ausspuckte. Manchmal
machten sie sich Notizen, grummelten, dann warfen sie die Papiere
in einen Schredder. Das Quartett zuckte auf unsere Ansprache
erst ein wenig zurück, erklärte sich dann aber bereit, sich
Gedanken über positive Geschichten im Monat Mai zu machen.
"Geben Sie uns ein wenig Zeit", erklärte ein Kollege,
"es ist schon länger her, dass unsere Arbeit gefragt war."
Drei
Tage später erschienen die Kollegen zur Konferenz. Sie trugen
grosse Sonnenbrillen, weil sie das Helle einer modernen
Redaktion mit Fenstern blendete und zündeten sich ungefragt
ihre filterlosen Zigaretten an. Postive Geschichten hatten sie
auch mitgebracht. Für die kommende Ausgabe könnte man das Porträt
eines Frankfurter Bankers drucken, der seine Bonuszahlung komplett
in ein Golfhotel im Tessin investiert hat, das ausschliesslich
deutsche Arbeitslose auf Ein-Euro-Basis beschäftigt. Heiter
und postitiv könnte man auch über den FC Bayern berichten, der
Rentner neuerdings nicht nur als Parkplatzwächter, sondern auch
als Cheftrainer einstellt.
Die touperte
Frau regte eine hausinterne Talentschau an, bei der nur schiefzähnige
oder dicke Menschen teilnehmen dürfen, der Sieger würde auf
jeden Fall symphatisch als einer aus dem normalen Leben rüberkommen,
sagte sie. Oder eine Story über die Kompressionsstrümpfe
von Königin Elisabeth. Die Redaktion schweigt, weil das
nun wirklich keinen umhaut. "Spargel", hustet plötzlich
einer, "das ist es. Einst nur für Gutverdiener, jetzt für
alle."
Es ist einfach nicht
die Zeit für gute Nachrichten. Leider. |