Wir schreiben das Jahr 2034:
Ein stämmiger Mann geht prüfend durch ein Feld mit wogendem
Korn. Alles sieht gut aus. Kein Halm weicht um mehr als einen
Millimeter im Wachstum von den anderen ab. Und doch war es ein
steiniger Weg bis zu dieser Harmonie. Vor 30 Jahren Jahren vegetierten
die Bauern noch in verschmutzten Höfen vor sich hin. Sie waren
vom Wetter abhängig, benutzten schwerfällige Traktoren, bei
denen man regelmässig das Öl wechseln musste. Doch so um das
Jahr 2009 herum wurden entscheidende Weichen gestellt. Zunächst
verboten populistische Politiker, angetrieben von einer Mischung
aus Sozialromatik, Antimodernismus und wahltaktischem Kalkül,
Genmais auszubringen. Genmais! Ein aus heutiger Sicht geradezu
stümperhaft zusammengeklontes
Massengetreide. Ausgestattet mit einem Zusatzgen sollte
der Mais seine Schädlinge ausrotten.
Doch
dann erwischte die Wirtschaftskrise mit voller Wucht den alten
Kontinent. Billige Lebensmittel mussten her. Vor dem Kanzleramt rotteten
sich Hungernde zusammen, Mundraub war als Strafdelikt fast so
häufig wie der illegale Download. In einem Produktionsfeuerwerk
brachte die Agrarindustrie Produkte zur Behebung der der grössten
Not auf den Markt: Die legendäre Vierfruchtpalme, die heute
unter Naturschutz steht, der Maiszündler, der sich selbst toastete,
das Gerstenkraftkorn, das sich unter dem Einfluss von Gammastrahlen
zu einem erfreulich geschmacksneutralen Brotlaib aufblähte,
der von der Politik unters Volk geworfen wurde und bis zur nächsten
Wahl haltbar war.

Und
heute? Die Kritiker sind verstummt, ist doch der Fortschritt
mit Händen zu greifen (siehe Bild). Der Mann streichelt eine
allwettertaugliche Maniokstaude, die sechsmal im Jahr Fleischflechten
und Zichorien abwirft, aus denen Insulin tropft wie aus einem
Wasserhahn. Sie wirft ihm mit ihren Blättern Kusshände zu. "Fühlt
sich pudelwohl, das Luder", denkt er, "ein Glück, dass sie noch
nicht sprechen kann." Doch in den Labors ruht die Arbeit
nicht: Weizenähren, die sich selbst zu Brot verabreiten, einpacken
und auf den Markt schleudern, sind fast serienreif. Milcheuter
können endlich ohne Kuh kultiviert und zwölfmal am Tag geleert
werden. Kokospalmen brüten unter ihren Blättern Kürbisse mit
Erdbeergeschmack aus, Fenchel-Möhren werden aus dem Internet
heruntergeladen und enthalten faustgrosse Vitamine.
Auch
die Urlaubsregelung ist auf gutem Wege. Die meisten Pflanzen
erhalten 30 Tage im Jahr, an denen sie sich in kontrolliertem
Anbau vergnügen können. "Gab ja immer wieder Stress, weil
sich die Biester nicht austoben konnten", erinnert sich
der Mann. Vor allem die Reisenkohlrüben wurden übellaunig, frassen
Kühe auf und verwüsteten einige Labors. Rasch mussten Abwehrpflanzen
gezüchtet werden: Explosivbirnen
und absolut tödliche Stachelbeeren. "Danach war Ruhe", schmunzelt der
Mann. Vor ihm schnellen einige rasch wachsende Bambusstauden
aus dem Boden. Er gibt ihnen zerstreut die Hand und blickt auf
zu den vier Sonnen, von denen zwei auf- und zwei untergehen.
Wird eine gute Ernte. |