Wir berichten heute aus
den Verkäufsräumen eines Autohauses. Die Firma hat schwere Zeiten
hinter sich und in früheren Jahren immer pünktlich zu Frühjahrsbeginn
einen Aktionstag veranstaltet, an dem potenzielle Käufer für
eins fünfzig eine Rote Wurst mit alter Semmel, ein achtel
Liter gut abgehangenes Motoröl und ein Verkaufsgespräch bekommen
haben. Dieses Frühjahr spart sich Inhaber Hanswalter S. die
Kosten, weil er keine potenziellen Kunden mehr sehen will. S.
vertreibt eine Automarke, die überwiegend Kleinstwagen anbietet
und wird seit Wochen von Kunden überrannt.
Die
Verkäufer des Autohauses S. tragen mittlerweise italienische
Massanzüge, die Designerbrillen stecken lässig in ihren frischen
zu-Guttenberg-Frisuren, ihre Mienen spiegeln zufriedene Desinteresse.
Mit Kunden sprechen sie entweder überhaupt nicht oder wie mit
lästigen Finanzbeamten, wobei sie nie von ihren frisch
manikürten Fingernägeln aufblicken. Wer gar nach Rabatten fragt,
wird verhöhnt.
In den letzten Tagen
haben sie mit den letzten drei Gebinden Erdbeersekt, die früher
beim Abschluss eines Kaufvertrags flaschenweise der Gattin des
Käufers aufgedrängt wurden, die Sekretärinnen gebadet. Regenschirme,
lederne Schlüsseltäschchen und Buchsbaumbüsche, die man Besuchern
des Autohauses bisher als Give-Aways überreichte, sollen auf
einem Basar verramscht werden. Der Erlös wird an notleidende
Verkaufskollegen von Nobelmarken gespendet.
Freitagabend
gibt es künftig einen Selbsthilfe-Gesprächskreis, in dem langjährige
Verkäufer von Qualitätsmarken von den Zeiten berichten dürfen,
in denen der normale Käufer auf seinen 190er Diesel 18
Monate warten durfte, kurzfristige Lieferverträge so gut wie
Bargeld waren und man seinen Jahreswagen über dem Listenpreis
verhökern konnte.

Heute
strömt die Masse zu Herstellern, deren Flotte Benzin in Globuli-Rationen
verbraucht, wahlweise auch mit Rapsöl, altem Pinselreiniger
oder Fruchtsafttrester fährt. Kanzlerin Angela M. (siehe Bild)
quetscht sich in Wahlzeiten auch gerne ins kleine Weisse. Die
neuen Kleinstflitzer sind zudem pfiffig und bieten fünfköpfigen
Familien genug Raum, sofern die Kinder faltbar sind oder
nichts gegen stundenlanges Liegen in der Dachbox haben.
Zur Markteinführung gab es früher noch einen Schuhlöffel, jetzt
Lieferfristen bis zu acht Monate.
Ein
paar Kilometer weiter wienern hagere Gestalten mit fiebrigen
Augen in riesigen Hallen aus Chrom und Glas unentwegt fettreifige
SUV (zu deutsch: Sport Utility Vehicle). SUV sind Autos, mit
denen zu besseren Zeiten zarte Anwaltsgattinnen die Lichtmasten
auf Supermarktparkplätzen krumm fuhren oder zwei bis drei Parkplätze
brauchten. Jetzt interessiert sich keiner mehr für die tonnenschweren
Halbhöhenpanzer, selbst wenn das Navi mit einem Champagnerkühler
ausgestattet ist.
Die Automobilindustrie
verlangt deshalb Hilfe vom Staat, die auch gewährt wird. Unsere
Redaktion "Netto und Nato" hat erfahren, dass beim
Nato-Gipfel Anfang April in Strassburg, Kehl und Baden-Baden
Protestanten mit Nobelkarossen abgedrängt und eventuelle Widerstandsdörfer
mit schweren Geländewagen geschleift werden sollen. Die Störer
müssen neben der Strafe auch noch die Spritkosten übernehmen,
was den Widerstand auf Jahre schwächen wird. |