Es gibt Tage, die passen
einfach nicht hinein. Nicht in den Kopf, nicht in diese Glosse
und auch nicht in den Bauch. Die DInge dieser Woche? Irrationale
Undinge, unbeschreibbar, unverdaulich. Als hätte man einen Seeigel
verschluckt. Doch wie konnte es bloss dazu kommen?
Zunächst
war da dieser Typ in einem altersschwachen haselnussbraunen
Opel Kadett. Nürnberger Kennzeichen. Der trödelte, hielt den
Verkehr auf, baute beinahe einen Unfall. Knapp wars. Aber: Schwamm
drüber. Ist halt ein Opel-Freund, die haben grad sowieso keine
Peilung. Und während einem noch im Radio die Systemkrise den
Morgenstau versaut, blickt man auf das Hinterteil dieses unschlüssigen
Franken und entdeckt ein zweites, faustgrosses, aufgeklebtes
Länderkennzeichen mit den Buchstaben "BH". Ist das
ein Patriot aus Bosnien und Herzegowina oder Bhutan? Oder gibt
es schon wieder einen neuen Staat irgendwo hinter den Karpaten?
Eigentlich nicht. Ausserdem hat Bosnien und Herzegowina ein
"BIH" als Zeichen. Und warum sitzt ausgerechnet
in einem braunen Opel eine junge Glatze am Steuer? Nun, weil
"BH" die Abkürzung für Blood and Honour ist. Für Blut
und Ehre.

Später
im Büro. Der Dax belauert wieder die 4000er-Marke, er fällt
nicht mehr und jemand namens Analyst glaubt zu verstehen, warum
das jetzt, an irgendeinem Tag im Gänsehautmärz 2009, im Jahr
der bitteren Wahrheiten, so und nicht anders ist. Immerhin ahnt
man, weshalb manche Menschen in der Vergangenheit lieber
keinen Opel mehr gekauft haben. Es gibt einfach zu viele Prolls
und Neonazis in diesem Land, die das Image dieser Marke unrettbar
ruiniert haben. Dann dringt die Nachricht aus Winnenden an die
sinnlose Oberfläche. Bilder der Verzeiflung. Panik in feuchten
Augen. Wie konnte es bloss dazu kommen?
In
der Küche warten noch die aufgereihten Häppchen vom Ausstand
einer sehr netten Kollegin, die überraschend gekündigt hat.
Weshalb nur? Ihr Platz ist leer. Dafür ein bisschen Wurst
und Weissbrot. Was von einem Arbeitsleben halt so übrig bleibt.
Abends
zu Hause. Ungläubiges Herumzappen. Fernsehreporter halten Nachbarn
des Amoksläufers Mikrofone in die Gesichter. Fleissig seien
diue Eltern gewesen, sauber, unauffällig. Der Vater? "Schaffig"
sagt eine ältere Frau. Auf BBC wird der volle Name des Mörders
gezeigt. Wozu? Schaffig. Als würde so ein Wort irgendetwas
erklären können. Oder verhindern. Wahrscheinlich gibt es blad
eine neue Variante von "Wer wird Millionär" auf RTL:
Günter Jauch stellt vier Antworten und wartet au die Frage.
Schliesslich ein Gespräch, es geht um den besten Freund. Er,
mein bewusst lebender, kluger Telefon-Joker, hatte eine Operation.
Die Diagnose: Krebs. Warum eigentlich er?
Diese
Woche war wieder so eine, in der man seinen WItz sucht wie einen
verlorenen Schlüssel. Jeder Tag endet mit der besagten Frage,
und als Antwort bekommt man eine verschlossene Tür, dahinter
das unerklärliche Grauen. Da hilft kein Rütteln und kein Glosseschreiben
mehr. Höchstens der lakonische Trost eines anderen. Wie fragte
doch Woody Allen (siehe Bild) einmal: "Alles in allem würde
ich Ihnen gerne eine positive Botschaft mit auf den Weg geben
- ich habe aber keine. Würden Sie eventuell auch zwei negative
nehmen?" |