Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (15. Februar 2009)
 

   Der Winter hat das Land fest im Griff. Im schlecht beheizten Keller des Willy-Brandt-Hauses zu Berlin trifft sich fröstelnd die Führungsriege der SPD. Die Genossen sind verunsichert, das Superwahljahr 2009 droht fürchterlich zu werden und jetzt zaubert auch noch die CSU einen adligen Jungspund mit Gelfrisur und drolligem Namen als Wirtschaftsminister aus dem Hut - das schreit nach einer Antwort.

   Da unsere Redaktion-Abteilung "Tümpel und Gümbel" gute Kontakte zur Sozialdemokratie unterhält, wird uns ein Protokoll der Sitzung zugespielt. Das Treffen ist deart geheim, dass Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee den abgelegenen Kellerraum in der Parteizentrale nicht finden kann und sich in die Kantine zurrückzieht - ein schwerer Fehler. In den Katakomben schart derweil Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier seine Bundesminister um sich. Es gibt Schnaps und Kekse aus dem zweiten Konjunkturpaket. Nach eiiner kurzen Irritation, weil Ulla Schmidt Olaf Scholz mit den Worten "Wer sind Sie? Verlassen Sie den Raum, das hier ist intern" zur Tür hinausschieben wollte, ergreift Steinmeier das Wort. "Einer von uns muss zurücktreten", sagt er, "das macht man so vor Wahlen."

   Als sich nach zehn Minuten immer noch keiner meldet, fällt die Wahl auf Tiefensee, weil er nicht da ist. Der Neue soll sofort Bahn-Chef Mehddorn mobben und das Projekt Stuttgart 21 stoppen. "Hochbahnhof statt Tiefensee" notiert das Protokoll. Die frei werdenen Milliarden sollen im Wahlkampf qals Konjunkturpaket drei unter junge Leute als Abwrackprämie für alte Handys verteilt werden. Wer sein drei Monate altes Mobile gegen ein neues von einem deutschen Hersteller tauscht bekommt 400 Euro - so der Plan. Nachdem ein persönlicher Referent schüchtern einwirft, dass es zurzeit keinen deutschen Handyhersteller gebe, wwird die innerparteiliche Willensbildung über die Umverteilung der eingesparten Milliarden vertagt. Auf jeden Fall soll mit dem Geld die Wirtschaft angekurbelt und der Wähler erfreut werden.



   Danach machen sich die Parteigranden an das Anforderungsprofil des Tiefensee-Nachfolgers. Der / die Neue soll unter 35 Jahren alt sein, verheiratet, drei Kinder, Studium im Ausland und glänzende Referenzen. Obendrein ein Wegbegleiter Willy Brandts mit Antifa-Erfahrung. Steinmeier meckert, dass das mit Willy rein zeitlich nicht ginge und was ein Deo mit dem Amt des Verkehrsministers zu tun haben soll, wird aber ignoriert. Wichtig sei auch, dass sich der Kandidat durch einen eleganten Namen auszeichne. Frau Zypries bringt einen deutschen Regisseur ins Gespräch, der einen Oskar gewonnen hat und so ähnlöich wie Ariel Donnerkeil heissen würde. Florian Henckel von Donnersmarck ist zwar tatsächlich verheiratet und hat drei Kinder, wird aber im Mai 36.

   "Schade", sagt Frau Zypries. Über Marius Müller-Westerhagen (auch zu alt, siehe Bild) kommt man schliesslich dazu, dass Heidemarie Wieczorek-Zeul den Job machen soll. Sie ist zwar auch nicht mehr jung, hat aber einen schrägen Namen. Ihr Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit soll künftig der junge referent leiten, der das mit den Handys gewusst hat. "Wie heissen Sie?", fragt Steinmeier. "Nagel-Nagler." "Wunderbar", murmelt der Vizekanzler und verlässt mit den anderen den Keller. Tiefensee wird entlassen, die Wahlen können kommen. Draussen fällt Schnee.
 

 

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