Der Winter hat das Land
fest im Griff. Im schlecht beheizten Keller des Willy-Brandt-Hauses
zu Berlin trifft sich fröstelnd die Führungsriege der SPD. Die
Genossen sind verunsichert, das Superwahljahr 2009 droht fürchterlich
zu werden und jetzt zaubert auch noch die CSU einen adligen
Jungspund mit Gelfrisur und drolligem Namen als Wirtschaftsminister
aus dem Hut - das schreit nach einer Antwort.
Da
unsere Redaktion-Abteilung "Tümpel und Gümbel" gute
Kontakte zur Sozialdemokratie unterhält, wird uns ein Protokoll
der Sitzung zugespielt. Das Treffen ist deart geheim, dass Verkehrsminister
Wolfgang Tiefensee den abgelegenen Kellerraum in der Parteizentrale
nicht finden kann und sich in die Kantine zurrückzieht - ein
schwerer Fehler. In den Katakomben schart derweil Vizekanzler
Frank-Walter Steinmeier seine Bundesminister um sich. Es gibt
Schnaps und Kekse aus dem zweiten Konjunkturpaket. Nach
eiiner kurzen Irritation, weil Ulla Schmidt Olaf Scholz mit
den Worten "Wer sind Sie? Verlassen Sie den Raum, das hier
ist intern" zur Tür hinausschieben wollte, ergreift Steinmeier
das Wort. "Einer von uns muss zurücktreten", sagt
er, "das macht man so vor Wahlen."
Als
sich nach zehn Minuten immer noch keiner meldet, fällt die Wahl
auf Tiefensee, weil er nicht da ist. Der Neue soll sofort Bahn-Chef
Mehddorn mobben und das Projekt Stuttgart 21 stoppen.
"Hochbahnhof statt Tiefensee" notiert das Protokoll.
Die frei werdenen Milliarden sollen im Wahlkampf qals Konjunkturpaket
drei unter junge Leute als Abwrackprämie für alte Handys verteilt
werden. Wer sein drei Monate altes Mobile gegen ein neues von
einem deutschen Hersteller tauscht bekommt 400 Euro - so der
Plan. Nachdem ein persönlicher Referent schüchtern einwirft,
dass es zurzeit keinen deutschen Handyhersteller gebe, wwird
die innerparteiliche Willensbildung über die Umverteilung der
eingesparten Milliarden vertagt. Auf jeden Fall soll mit dem
Geld die Wirtschaft angekurbelt und der Wähler erfreut werden.

Danach
machen sich die Parteigranden an das Anforderungsprofil des
Tiefensee-Nachfolgers. Der / die Neue soll unter 35 Jahren alt
sein, verheiratet, drei Kinder, Studium im Ausland und glänzende
Referenzen. Obendrein ein Wegbegleiter Willy Brandts
mit Antifa-Erfahrung. Steinmeier meckert, dass das mit Willy
rein zeitlich nicht ginge und was ein Deo mit dem Amt des Verkehrsministers
zu tun haben soll, wird aber ignoriert. Wichtig sei auch, dass
sich der Kandidat durch einen eleganten Namen auszeichne. Frau
Zypries bringt einen deutschen Regisseur ins Gespräch, der einen
Oskar gewonnen hat und so ähnlöich wie Ariel Donnerkeil heissen
würde. Florian Henckel von Donnersmarck ist zwar tatsächlich
verheiratet und hat drei Kinder, wird aber im Mai 36.
"Schade",
sagt Frau Zypries. Über Marius Müller-Westerhagen (auch zu alt,
siehe Bild) kommt man schliesslich dazu, dass Heidemarie
Wieczorek-Zeul den Job machen soll. Sie ist zwar auch nicht
mehr jung, hat aber einen schrägen Namen. Ihr Ministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit soll künftig der junge referent
leiten, der das mit den Handys gewusst hat. "Wie heissen
Sie?", fragt Steinmeier. "Nagel-Nagler." "Wunderbar",
murmelt der Vizekanzler und verlässt mit den anderen den Keller.
Tiefensee wird entlassen, die Wahlen können kommen. Draussen
fällt Schnee. |