Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (11. Januar 2009)
 
Deutschland, ein Wintermärchen

   Es ist kalt, bitterkalt. Dinge sind möglich, wie sie noch nie möglich waren, weil wir nicht mehr gewohnt waren zu frieren. In der Wilhelma kuscheln sich die Affen, und Flocke bekommt einen Freund aus dem eisigen Russland. Im Kölner Dom ein Winterwunder: Das Weihwasser ist gefroren. Wenn nur der Deutschen Weg zur Arbeit nicht so beschwerlich wäre. Zeit, Heinrich Heine zu gedenken:

Im fröhlichen Monat Januar war's
Die Tage wurden länger und heitrer,
Der Wind riss von den Bäumen den Schnee
Und ich kam nicht mehr weiter.

Die Bahn stand stumm und still
Der Morgen ward langsam alt
Die Lok vereist, selbst der Führer berief
Sich auf höhere Gewalt.

Durchs Handy die Sekretärin sang,
Sie sang mit falschem Gefühle
Doch wahr ward die Ahnung:
Den Späten bestraft die Abmahnung.

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text
Das süsse Lied endet auf Freizeit
Doch tot ist dann mein Fron:
Denn ich habe keine Gleitzeit.

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
zum Auto, die Scheiben vom Eise befreit!
Den Winter besiegt, in seiner Form
Nur Frostschutz mit deutscher Norm.

O wie rasend die Fahrt, Stuttgart
Sah nur noch mein Rücklicht!
Die Welt ein weisser Rausch zum Glück
Ehrt der Schwabe die Räumpflicht.

Nur auf den letzten Metern rannte
Durch den Schnee hochästhetisch
Ein hechelnder Jogger vors Auto
In seinem atmungsaktiven Fetisch.

Seitdem ich das Büro betrat
Wird mir die Arbeit mit Worten gewürzt.
Die Tage werden jetzt länger,
Nur das Gehalt ist schon wieder gekürzt.
 

 

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