Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (11. Januar 2009)
 

   Es gab eine Zeit, da wurde in Deutschland mit jedem neuen Jahr alles ein bisschen besser. Die Gehälter stiegen zuverlässig, mit ihnen stieg der Wohlstand, und mit dem Wohlstand wuchsen auch die Bäuche. Wuchsen die Polster auf den Hüften und unter dem Steiss. Die Wohnungen wurden grösser und und heller, aus den Wohnungen wurden Häuschen am Stadtrand mit immer gepflegteren Gärten, und in diesen Gärten flatterte an den Leinen Wäsche, die immer weisser wurde. Bis sie eines Tages so weiss war, weisser ging's nicht. Mag sogar sein, dass jener Tag, als die Wäsche nicht mehr weisser werden konnte, schon die leise Ahnung vom Ende des Wirtschaftswunder war.

   Von einer meinungsbildenen Zeitung kann man erwarten, dass auch zu Erwartendes dargestellt wird. So hat unsere Wissenschaftsredaktion bereits vor rund tausend Jahren im Rahmen ihres Gilgamesch-Dossiers den Weltuntergang für das Jahr 2009 vorhergesagt. Unsere Prognose wird jetzt von Experten bestätigt, darunter auch dem Münchener Institut für Wirtschaftsforschung unter der Leitung von Professor Hieronymus Bosch. Man geht davon aus, dass die Apokalypse im letzten Quartal in Gang kommt, wenn die industrielle Tätigkeit auf einen zweistelligen Minuswert sinkt. Das heisst: Es findet keine Produktion mehr statt, die aber mit Kreditkarten bezahlt wird.

   Wer sich seriös auf den Weltuntergang vorbereiten will, sollte die Zeichen richtig deuten. Wenn die Zahl der weltweit zugelassenen Psychiater die der Finanzanalysten übertrifft, ein Ministerium für Angst eingerichtet wird, um die endzeitliche Katastrophe in einen juristischen Rahmen zu giessen, dann wird es ernst. Dazu kommen andere Phänomene: Ein sanftes Beben des Erdbodens, Kugelblitze und Haarrisse auf den Fronthauben von Geländewagen.



   Behalten Sie, liebe Leser, auch die Gänse im Innenhof des Kanzleramts im AUge. Wenn die Tiere (siehe Bild), von denen nicht wenige für Fernsehsender und Zeitungen arbeiten, noch aufgeregter schnattern als normalerweise, steht der Weltuntergang, vielleicht sogar eine Konjunkturdelle, unmittelbar bevor. Damit einher geht ein anschwellender Klagegesang von sogenannten Zivilisationskritikern. Das sind Leute, die es im normalen Leben zu nichts gebracht haben, darin aber sehr erfolgreich sind. Der Islam rechnet sie zu den mystischen 30 selbst ernannten Propheten, die das Armagedon hervorsagten.

   Überhaubt gebietet der Koran über besonders bildhafte Beschreibungen für den Weltuntergang: "Arme und ungebildete Viehhirten wetteifern darum, hohe Gebäude zu errichten." Wer nach Dubai blickt, weiss, was gemeint ist. Weiter heisst es: "Frauen werden ihre Hüften kreisen, sprechende Bestien erscheinen und Menschen wie Esel kopulieren, ohne sich zu verstecken." Da im Privatfernsehen all diese Phänomene seit Jahren bekannt sind, bedarf es also nur noch eines Fingerschnippens des Allmächtigen, um untergangstechnisch so richtig Gas zu geben.

   Was soll man aber tun, wenn es so weit ist? Zunächst: Setzen Sie einen dieser neuen Skihelme auf, über deren Einsatz gerade diskutiert wird. Dann warten Sie ab, bis die erste postapokalyptische Ausgabe von Ihrer Zeitung erscheint. Dort geben wir Tipps, wie man sich mit Mückenspray vor den sieben Plagen schützt.
 

 

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