Unsere Redaktion liefert
dem Leser ein Maximum an Orientierung in wichtigen Alltagsfragen.
Wäre die Zeitung sonst ihren sagenhaften Preis wert? In der
Vorweihnachtszeit gibt es für uns besonders viel zu tun. Männer
fragen uns, welche Konfektionsgrösse Frauen so allgemein
haben und mit welcher Eselsbrücke man sich diese Zahl merkt.
Damit nicht genug: Viele Leser lassen sich nach dem Einkauf
zum Besuch eines Weihnachtsmarkts verlocken, ohne zu ahnen,
welche Gefahren dort lauern. Meist verliert sich ihre Spur schon
nach wenigen Stunden. Für die Angehörigen gilt: Nicht in Panik
verfallen, die meisten Vershollenen tauchen um Dreikönig wieder
auf, können sich wegen des eingeatmeten Zimtnebels aber an keine
Details erinnern.
Es braucht also Basiswissen
für den Besuch eines Weihnachtsmarkts: Wer beispielsweise zum
legendären Striezelmarkt in Dresden (siehe Bild) will, sollte
wissen, dass ein Striezel aus mindestens zwei im Stollen geräucherten
Bratwürsten besteht, die nicht mehr als 13 Euro kosten dürfen.
Hände weg von Striezeln, die Ihnen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund
angeboten werden und meist aus illegalem Anbau stammen. Aber
auch die berüchtigten örtlichen Striezel nutzen das Gedränge,
um arglosen Besuchern das Geld aus den Taschen zu ziehen. Wer
Authentizität erleben will, sollte ohnehin woanders nach dem
Weihnachtszauber suchen. Berlin-Neukölln etwa gilt unter Kennern
als faszinierendes Konglomerat aus Trinkfreudigkeit und kultureller
Vielfalt. Sozialgutscheine können an jedem Stand eingelöst
werden. Viele Besucher, die das ganze Jahr in den benachbarten
Eckkneipen verbringen, strahlen wie die Kinder, wenn sie endlich
im Freien trinken können und für die Lieben zu Hause ein Stück
eingeschweisster Zervelatwurst ergattert haben.

In
den industriellen Ballungszentren des Westens sind die Weihnachtsmärkte
ein Stück Volkskultur. Meist finden sie in den Altglassammelstellen
grosser Supermarktketten statt. Wer dort einen Adventskranz
aus Polyäthylen erwirbt, bekommt einen Sacke Grillkohle vom
Vorjahr als Geschenk. Wer das Abenteuer sucht, drint in eines
der der entlegenen Bergdörfer der Tiroler Alpen vor und wird
mit ein wenig Glück Zeuge eines bewegenden Rituals: Junge Burschen
schüten sich solange Glühwein in die Lederhosen, bis einer heult.
Seit einigen Jahren gilt auch die Zentrale der Deutschen
Bank in Frankfurt als Hotspot für Romantiker. Die Manager
vom Global Banking sind bei ihrem drolligen Tanz ums goldene
Kalb von Original.Weihnachtsmännern kaum noch zu unterscheiden.
Mit einem leistungsfähigen Navigationssystem findet man problemlos
ins ländliche Thüringen, wo auf vielen örtlichen Bauhöfen der
Glühwein mit dem Wagenheber umgerührt wird, bis sich Altöl
und Kardamon als feste Bestandteile absetzen. Nachdem mehrere
tausend Liter ausgeschenkt wurden, stellen die Teilnehmer des
örtlichen Opelclubs die Odyssee der Heiligen Familie mit einem
Autokorso nach.
Auch im Felde wird
Weihnachten gefeiert. Unsere Truppen an den fernen Fronten trinken
im Advent statt Glühwein meist Granatapfelsaft, der nach Genuss
bis zu drei Meter weit streut. Gehen Sie hier auf Nummer sicher
und falten Sie Ihre Tageszeitung zu einem Stahlhelm.
Damit sind Sie auch auf dem Striezelmarkt ungefährdet unterwegs.
Die Faltanleitung liegt unserer nächsten Ausgabe bei. |