Auf dem Weg in die Redaktion
hat ein beherzter Kollege aus dem Ressort "Lifestyle, Diät
und Sonnenenergie" dieser Tage einen verwirrt über die
Bundesstrasse torkelnden Automobilverkäufer eingefangen, mit
einer halben Flasche lauwarmem Bommerlunder beruhigt,
im eine Curry Spezial an der Bude gekauft und ihn mit ins Büro
genommen. Der dankbare, aber nur nachlässig geduschte Bernd-Joachim
P. erklärte dem eilends herbeizitierten Kollegen des Ressorts
"Automobile Träume" den Grund seines emotionalen Zusammenbruchs.
P.
schwenkte weinend ein Stück Papier. Nach dieser internen Vorgabe
seines Tschi-Ohs sollte er bis Ende des Jahres noch 75 Oberklasse-Limousinen
"im Markt unterbringen". P. erklärte, dass dies unmöglich
sei. Karossen, die mehr als zwei Tonnen wiegen und 20 Liter
Super Plus brauchen, seien derzeit allenfalls im Ruinös-Leasing
wegzubekommen, also maximal 50 Euro im Monat, ohne Anzahlung,
dafür mit zwei Jahren freiem Tanken, mit Winterreifen auf handgeölten
Alufelgen und einem 14-tägigen Gratis-Wellnessurlaub für die
Gemahlin. Den EInwurf eines Kollegen aus dem Ressort "Pharmazie
und Leibesübungen" die "Karren" doch an Profikicker
zu verkaufen, kontert Hans-Joachim P. mit dem Hinweis, dass
es davon weniger als 75 im Umland gebe und die für ihre Autos
eh noch nie mehr gezahlt hätten als maximal einen Fuffi pro
Monat.
Keine Frage, harte Zeiten. Die
Wirtschaft präsentiert sich als globales Verwirrspiel,
das keiner mehr versteht. In den Luxusabteilungen der Kaufhäuser
balgen sich bärtige Alt-68er um die letzten Ed-Hardy-Strass-Jeans
(279 Euro), nur weil ihnen Oma 1975 zum Beginn ihres Sozologiestudiums
500 VW-Aktien mit auf den Weg gegeben hat. Die haben sie am
vergangenen Dienstag am frühen Nachmittag im Markt untergebracht
und danken jetzt der Omi und Porsche. Im Schatten der Kauftempel
streifen derweil verhärmte Daimler-Schaffer mit Pilzkörben durchs
Gehölz, um ihre Familien die letzten frischen Beilagen des
Jahres zu sammeln.

Bevor
P. die gut beheizte Redaktion verlässt, bekommt er noch Trost
von einem Fachredakteur des Ressorts "Wirtschaft und gewerbmässige
Umtriebe". Man müsse sich langsam von der Idee verabschieden,
dass erfolgreiches Wirtschaften etwas mit Verkaufen zu tun habe.
Vorbei. Das Erfolgsrezept für alle, die nicht Kerner heissen
oder kicken können, heisst Sparen, bis die Schwarte schmilzt.
Sparpotenziale gebe es noch genug, sagt unser Experte, auch
wenn die sich mehr und mehr zusammenrotten und im Fernsehen
rumjammern. Schlauen Sparern entgeht aber nichts, und so werden
diese Herren zu den neuen Königen.
Selbst
bei einem einfachen Saisonartikel wie dem gemeinen Dominostein
sei noch genug rauszuholen, um sich bei einem Kilopreis von
nur noch 39 Cent dumm und dusselig zu verdienen. Und die Leute
würden satt. Man müsste das Zeug nur vollautomatisch aus einer
Melange von Verschnitt-Marzipan aus dem Senegal und einer Zucker
gepeppten dunklen Schliere aus litauischen Schlachtabfällen
herstellen. Beide Ingredienzen seien auf dem Weltmarkt derzeit
günstig zu haben. Der Absatz wäre enorm, der hochwertige, aber
teure Dresdner Stollen (siehe Bild) stünde vor dem sicheren
Aus - sagt unser Experte.
Der gebeutelte
Autoverkäufer verliess beruhigt und mit klarem Sparziel das
Haus. Er würde die Karossen gesundsparen. Motoren kosten eh
nur Geld und machen Dreck. |