Ist es eigentlich originell,
in der Wochenendausgabe einer Tageszeitung einen Text mit "Wort
zum Sonntag" zu überschreiben? Ist es natürlich nicht.
Aber was kann ich dafür, dass diese Seite nicht mittwochs erscheint?
Meine
Bewunderung und - wenn ich ehrlich bin - auch mein Neid gilt
jenen Kollegen, die auf dieser Seite Woche für Woche "Erste
Fragen" beantworten und so einen Beitrag zur Mehrung unserer
globalen Intelligenz leisten. Oft kommen einem die Fragen bekannt
vor, vielleicht hat man sie sich selbst schon gestellt, aber
sie nie auszusprechen gewagt, weil einem von Kindesbeinen an
eingebläut wurde, dass man nicht so blöd fragen soll. Als ich
aus der "Sesamstrasse" erfuhr, dass der, der nicht
fragt, dumm bleibt, war für mich der Zug längst abgefahren.
Dennoch
will ich versuchen, heute mit einer Frage und deren Beantwortung
zu glänzen. Seit der Erfindung der freien Marktwirtschaft fragt
sich die Geschäftswelt: Warum, verdammt noch mal, ist uns der
Sonntag eigentlich noch heilig? Warum können wir nicht auch
am Sonntag Reibach machen? Die Antwort lautet: Weil wir ohne
geheiligten Sonntag inzwischen allesamt arm wie die Kirchenmäuse
wären.
Zur Begründung will einen Kollegen
heranziehen, der in Wirtschaftsdingen weit besser Bescheid weiss
als ich. Neulich schrieb Bernd Ulrich in der "Zeit":
"Nie und nimmer wäre es der Politik gelungen, der galoppierenden
Finanzkrise Einhalt zu gebieten, ohen einen jahrtausendalten
Brauch, den die Deregulierer schon seit langem abschaffen wollen:
Den geschäftsfreien Sonntag." Als die Märkte ruhten, so
der Autor weiter, wurden jene Rettungspakete geschnürt, ohne
deren Hilfe der Geldkarren wohl nie aus dem Dreck gezogen werden
könnte.
In diesem Sinne, liebe Finanzjongleure,
geniesst das Wochenende, entspannt euch. Damit ihr auch in der
kommenden Woche die Welt an den Rand des Ruins treiben könnt. |