Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (12. Oktober 2008)
 
Glauben und Gold

 

   Die beste Investition meines Lebens habe ich vor etwas mehr als 20 Jahren getätigt. Damals liess ich mir zwei Goldkronen implantieren. Die Anschaffung der Kronen war nötig geworden, hatte ich die Jahre zuvor doch nur in Amalgan, also in Quecksilber investiert. Nun stand ich vor einem Milliardengrab. Die Entscheidung für Zahnüberblendungen aus Gold war durch einen Englandaufenthalt begünstigt worden. Beim Besuch im Tower of London war mir schlagartig klargeworden, dass der Mensch ohne Goldkrone ein Nichts ist.

   Dummerweise habe ich mir von meinem Zahnarzt für zwei andere Zähne Keramikkronen aufschwatzen lassen. Keramik ist zwar ein erstklassiges Material, das auch in der Raumfahrt Verwendung findet. Aber da ich eher ein bodenständiger Typ bin und in diesem Leben nicht mehr zum Mond zu fliegen gedenke, hätte ich mich auch bei dieser Überbrückungshilfe besser für das Edelmetall entschieden.

   Anderseits, wenn ich es mir recht überlege, vieleicht war der Rat des Zahnklempners gar nicht so dumm. Er würde für die beiden vorderen Kronen Keramik nehmen, riet er mir damals, weil man die beim Lachen sehen könnte. Selbst wenn man in diesen Tagen nicht viel zu lachen hat - mit weithin sichtbaren Goldkronen würde ich mich nicht mehr auf die Strasse trauen, ausser ich hätte ein Geleitschutz wie die Königin von England.

   Das Gute an der Finanzkrise ist übrigens, dass sich die Menschen wieder auf die wahren Werte besinnen, aufs Gold und den Glauben. Seit drei Wochen, so meldet Reuters, würden die Kirchen in der Umgebung der Wallstreet einen regelrechten Ansturm erleben. Vor allem Beschäftigte aus dem Finanzwesen suchten die Gotteshäuser heim. Schon frohlocken die Pfarrer ob des unerhofften Zulaufs und bieten seelischen Beistand. Ein feiner Zug der Kirche. Ich möchte allerdings die Gottesmänner darauf hinweisen, dass es nicht schaden kann, das Inventar im Auge zu behalten. Ihr wisst schon, Gold.
 

 

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