Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (20. Juli 2008)
 

   Sehen Sie die Fliege, die rechts über diese Seite krabbelt? Ihr unstillbarer Bewegungshunger könnte die Lösung unseres Energieproblems sein. Forscher einer Ostschweizer Universität haben nämlich herausgefunden, dass eine Fliege (siehe Bild) pro Tag bis zu 456 Kilometer zurücklegt. Dabei gibt sie etwa ein Energievolumen von 1690 Kilojoule an die Atmosphäre ab. Angenommen, wir könnten die Hälfte dieser Energie in einen vierköpfigen Haushalt einspeisen - wir wären fein raus. Doch derart konstruktive Ansätze sind derzeit selten.



   Denn die Bevölkerung hat Angst. Hunderttausende Deutsche weisen Mängelerscheinungen auf, weil sie sich die Autofahrt zum Bäcker nicht mehr leisten können. Sie streichen brünstig um ihre elektrischen Rasentrimmer und überlegen, ob sie lieber dessen Stromhunger oder den Appetit ihrer Kinder stillen sollen. Im Keller suchen nach Resten von Altöl, an der Tankstelle berühren sie schüchtern die Zapfsäule, während ihnen Tränen übers Gesicht laufen.

   Nun ist Panik ein schlechter Ratgeber. Unsere Wissenschaftsredaktion bietet statt dessen Lösungen an. Seit langem befassen wir uns mit der Nutzung von Hautflüglern als Energielieferanten. In Laborversuchen wurde die Körperwärme von Fliegen auf Foliendämmstoffen gemäss Norm EN ISO 6946 durch Wärmeaustausch in Heizluft umgewandelt. Die Züchtung von Stromtermiten in unserem Terrarium ist derweil im vollen Gang. Nicht zuletzt haben wir die visionäre Idee der von Christian Morgenstern entwickelten Dunkelbirne aufgegriffen, die weniger als die Hälfte des Stromverbrauchs einer normalen Birne aufweist.

   Nicht alle Lösungen funktionieren so elegant. Der Knallgasreaktor in unserem Labor hat sich leider als unberechenbarer Geselle erwiesen, die wassersparende Trockendusche muss zu oft entkalkt werden. Hoffnung gibt es an einer anderen Front: In den Labors der Wissenschaftsredaktion läuft seit einigen Monaten ein Strontium-Bügeleisen, dass durch fortwährende Freigabe von Spaltprodukten das Viermillionenfache an Wärme und Dampf eines herkömmlichen Geräts ausstrahlt.

   Dennoch führt an einer Erkenntnis kein Weg vorbei: Der Mensch verbraucht zuviel Energie. Er kratzt sich, schmatzt, lässt Darmwinde entweichen, küsst, lacht, zwinkert, isst und verdaut. All diese Verrichtungen müssen auf das unbedingt nötige Mindestmass reduziert werden, damit das Individuum irgendwann zu seinem eigenen Energielieferanten wird. Wissenschaftlich fundierte Apathie scheint die einzige Lösung. Legen Sie deshalb Ihre Zeitung langsam aus der Hand, lassen Sie Ihren Körper auf ein Kissen gleiten. Denken Sie an nichts. Rufen Sie später den Nachbarn an und bitten Sie ihn, den Stromzählerstand vorzulesen. Sie werden schon sehen! Und behandeln Sie Fliegen mit Respekt!
 

 

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