Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (22. Juni 2008)
 

   Der alljährliche Monsun in Deutschland brachte auch in dieser Woche das kontemplative Niederrauschen von Wasser mit einer wahren Explosion des Wachstums in Einklang. Selbst diese Spalte wäre bei trocckenem Wetter nur halb so lang, hat aber wegen des andauernden Schnürlregens Knospen und Triebe geformt, von denen Ihnen, liebe Leser, schwindelig werden könnte, hätte Sie der Dauerregen nicht einen Zustand völligen Gleichmuts versetzt.

   Nun wird in Ländern wie Indien der Monsun sehnlichst erwartet, weil er die ausgetrocknete Erde benetzt. Der Inder betanzt und besingt den Regen, wenn er nicht gerade Computerprogramme entwickelt und unsere Jobs wegnimmt, während der Deutsche stoisch reagiert, weil es sowieso immer regnet. Dennoch hat sich die Kultur des Abendlands am Regenmotiv abgearbeitet, es wimmelt von Regenromanen, Regentropfenpreludes und schwül-feuchten Liebesszenen, in denen Frauen- und Männerkörper, bevor sie sich regen (!) können, bereits mit zärtlichen Küssen oder ähnlichen Leidenschaftsbezeugungen bedeckt werden. Unsere Kulturredaktion hat einige Grössen aus Kunst und Politik über ihr persönliches Verhältnis zum Regen befragt:

   Panta Rei, Innenverteidiger der griechischen Fussballnationalmannschaft: Mein Namen leitet sich aus dem Altgriechischen ab und bedeutet: Alles geht den Bach runter - ein Leitsatz, den wir Griechen nicht nur im Fussball gerne beherzigen. Wären wir sonst die Nation, die wir sind?

   Edi Finger junior, Sportreporter, Koch und Musiker: Mein Vater hat ja damals, vom Regen im Prater inspiriert, Musikgeschichte geschrieben und zusammen mit dem Diplomingenieur Posch den Heurigenschlager "I'm Finger in the Rain" komponiert. Narrische Zeiten warn des damals!

   Horst Köhler: Im Regen liegt doch eine grandiose Chance für unser Land. Ich beispielsweise entwerfe meine besten Reden, während ich drei Stunden aus dem Fenster in das Berliner Schauerwetter starre. Wenn ich dabei nicht einnicke, weiss ich, dass meine Zuhörer auch durchhalten.

   Dietrich Grönemeyer, Liebesmediziner: Regen heilt. Vom Regen kommt die Liebe. Und von allen Regenarten bevorzuge ich den, der Gold in meine Taschen spült.

   Wolfgang Joop: Meine erste Regenjacke, die ich als junger Couturier für das hanseatische Wollkontor entwarf, hatte noch eine Kapuze aus Muschelkalk. Sie ist leider von den Modeströmungen weggeschwemmt worden. Wer sie findet, soll sich bitte bei mir melden.

   Helmut Schmidt, Altkanzler und Wahrsager: Ich habe schon damals jede Regenzeit im Ost-West-Verhältnis lange vorher kommen sehen und rechtzeitig den Raketenschirm aufgespannt. Auch mit Ronald Regen bin ich immer gut ausgekommen. Natürlich nur, solange er auf meine Anweisungen gehört hat!

   Josef Winkler, Büchnerpreisträger: Regen? Damit verbinde ich jene schwarzen Pinselstriche aus dem weinenden Kärntner Himmel, unter dem wir in den Schlund der katholischen Kirche gezwungen wurden und in der Messe Todesgeschichten inhalierten. Damals wollte ich mich entleiben, ging dann aber doch lieber nach Italien.



   Udo Jürgens (siehe Bild): Damals als ich noch ein junger, aufstrebender Frauenverführer war, komponierte ich für Hilde Knef den Schlager "Für dich soll'S tote Hosen regnen". Wenn ich heute die Sendung "Deutschland sucht den Superstar" sehe weiss ich: Mein Vermächtnis hat sich erfüllt.

   Da es in den vergangenen Tagen erstaunlicherweise immer wieder zu einem nervösen Aufscheinen der Sonne kam, muss aber der Monsun als beendet betrachtet werden. Die Ausführungen dieser Spalte sind damit ebenfalls gegenstandslos.
 

 

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