Der alljährliche Monsun
in Deutschland brachte auch in dieser Woche das kontemplative
Niederrauschen von Wasser mit einer wahren Explosion des Wachstums
in Einklang. Selbst diese Spalte wäre bei trocckenem Wetter
nur halb so lang, hat aber wegen des andauernden Schnürlregens
Knospen und Triebe geformt, von denen Ihnen, liebe Leser,
schwindelig werden könnte, hätte Sie der Dauerregen nicht einen
Zustand völligen Gleichmuts versetzt.
Nun
wird in Ländern wie Indien der Monsun sehnlichst erwartet, weil
er die ausgetrocknete Erde benetzt. Der Inder betanzt und besingt
den Regen, wenn er nicht gerade Computerprogramme entwickelt
und unsere Jobs wegnimmt, während der Deutsche stoisch reagiert,
weil es sowieso immer regnet. Dennoch hat sich die Kultur des
Abendlands am Regenmotiv abgearbeitet, es wimmelt von Regenromanen,
Regentropfenpreludes und schwül-feuchten Liebesszenen, in denen
Frauen- und Männerkörper, bevor sie sich regen (!) können, bereits
mit zärtlichen Küssen oder ähnlichen Leidenschaftsbezeugungen
bedeckt werden. Unsere Kulturredaktion hat einige Grössen aus
Kunst und Politik über ihr persönliches Verhältnis zum Regen
befragt:
Panta Rei, Innenverteidiger
der griechischen Fussballnationalmannschaft: Mein Namen leitet
sich aus dem Altgriechischen ab und bedeutet: Alles geht den
Bach runter - ein Leitsatz, den wir Griechen nicht nur im Fussball
gerne beherzigen. Wären wir sonst die Nation, die wir sind?
Edi
Finger junior, Sportreporter, Koch und Musiker: Mein Vater hat
ja damals, vom Regen im Prater inspiriert, Musikgeschichte geschrieben
und zusammen mit dem Diplomingenieur Posch den Heurigenschlager
"I'm Finger in the Rain" komponiert. Narrische Zeiten
warn des damals!
Horst Köhler: Im Regen
liegt doch eine grandiose Chance für unser Land. Ich beispielsweise
entwerfe meine besten Reden, während ich drei Stunden aus dem
Fenster in das Berliner Schauerwetter starre. Wenn ich dabei
nicht einnicke, weiss ich, dass meine Zuhörer auch durchhalten.
Dietrich
Grönemeyer, Liebesmediziner: Regen heilt. Vom Regen kommt die
Liebe. Und von allen Regenarten bevorzuge ich den, der Gold
in meine Taschen spült.
Wolfgang Joop:
Meine erste Regenjacke, die ich als junger Couturier für das
hanseatische Wollkontor entwarf, hatte noch eine Kapuze aus
Muschelkalk. Sie ist leider von den Modeströmungen weggeschwemmt
worden. Wer sie findet, soll sich bitte bei mir melden.
Helmut
Schmidt, Altkanzler und Wahrsager: Ich habe schon damals jede
Regenzeit im Ost-West-Verhältnis lange vorher kommen
sehen und rechtzeitig den Raketenschirm aufgespannt. Auch mit
Ronald Regen bin ich immer gut ausgekommen. Natürlich nur, solange
er auf meine Anweisungen gehört hat!
Josef
Winkler, Büchnerpreisträger: Regen? Damit verbinde ich jene
schwarzen Pinselstriche aus dem weinenden Kärntner Himmel, unter
dem wir in den Schlund der katholischen Kirche gezwungen wurden
und in der Messe Todesgeschichten inhalierten. Damals wollte
ich mich entleiben, ging dann aber doch lieber nach Italien.

Udo
Jürgens (siehe Bild): Damals als ich noch ein junger, aufstrebender
Frauenverführer war, komponierte ich für Hilde Knef den
Schlager "Für dich soll'S tote Hosen regnen". Wenn
ich heute die Sendung "Deutschland sucht den Superstar"
sehe weiss ich: Mein Vermächtnis hat sich erfüllt.
Da
es in den vergangenen Tagen erstaunlicherweise immer wieder
zu einem nervösen Aufscheinen der Sonne kam, muss aber der Monsun
als beendet betrachtet werden. Die Ausführungen dieser Spalte
sind damit ebenfalls gegenstandslos. |