Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (18. Mai 2008)
 

   In diesen Tagen gehen einige, freiwwillig oder gezwungenermassen. Die Belgierin Justine Henin, die derzeit beste Tennisspielerin der Welt, verabschiedet sich mit 25 Jahren auf dem Höhepunkt ihrer Karriere vom Leistungssport. Der SPD-Politiker und ehemalige Innenminister Otto Schily hat hingegen bis zum 75. Lebensjahr mit der Entscheidung gewartet, zur nächsten Bundestagwahl sein Mandat niederzulegen.

   Oliver kahn wiederum stand mit seinen 38 Jahren gestern zum letzten Mal wwährend eines Bundesligaspiels im Tor von Bayern München. Der sogenannte Titan wird künftig keine gegnerischen Stürmer mehr attackieren. Des Weiteren nahmen MSV Duisburg (105 Jahre), Hansa Rostock (42 Jahre) und der 1. FC Nürnberg (108 Jahre - auf dem Bild trauert Javier Pinola) ihren Abschied aus der Bundesliga, wollen aber in einem Jahr wieder zurückkehren.



   Das haben sie mit Edel-Arbeitsnehmern gemeinsam, die sich ein Sabbatical leisten können und auf Zeit aus dem Arbeitsleben aussteigen. Ihrer Rückkehr steht nichts im Wege. Andere werden komplett aus dem Spiel genommen, so wie die Bochumer Mitarbeiter des finnischen Handyherstellers Nokia. 2150 gingen am Freitag ein letztes Mal durchs Werkstor, nun hat der finnische Handyhersteller die Produktion im Ruhrgebiet eingestellt und lässt von rumänischen Billiglöhnern arbeiten. Ab Montag arbeiten nur noch rund 150 Mitarbeiter in der Produktion, um den Betrieb abzuwickeln. Eine Demütigung, die Otto Schily mit einem nüchtern geführten Arbeitsprozess und Oliver Kahn mit einem sauberen Karatetritt gegen Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo unterbunden hätte. Zwei Wege, ein Ziel.

   Wer geht, kommt anderswo an. In den Schriften des romantischen Dichters Joseph von Eichendorff zählen die Abschiede neben den Blicken aus dem Fenster zu den schönsten Momenten. In seiner 1819 erschienenen Novelle "Das Marmorbild" verlässt Florio im Morgengrauen die Stadt, in deren Nähe ihm manch Schreckliches widerfahren ist. "Es kommt nach allen heftigen Gemütsbewegungen, die unser ganzes Wesen durchschüttern, eine kristallklare Heiterkeit über die Seele, gleich wie die Felder nach einem Gewitter frischer grünen und aufatmen. So fühlte sich auch Florio nun innerlichst erquickt, er blickte wieder recht mutig um sich und erwartete beruhigt die Gefährten, die langsam im Grünen nachgezogen kamen." Schön, wer beim freiwilligen oder erzwungenen Aufbruch Gefährten findet, die nachziehen, wenn auch langsam.

   Joseph von Eichendorff war katholisch. Doch auch die Evangelen wissen Rat. Im Gottesdienst wird zuweilen das Lied "Vertraut den neuen Wegen" gesungen. Es endet mit den Worten: "Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit." Und das nicht nur an sonnigen Sonntagen.
 

 

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