Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (27. April 2008)
 

   Am vermeintlich Mächtigen fasziniert uns ja oft das Banale. Im Zusammenhang mit den Hitlertagebüchern, deren Erscheinen vor 25 Jahren in dieser Woche mit vielen Festveranstaltungen begangen wurde, ist diese Erkenntnis wieder gefestigt worden. Das Ressort Weltenkunde und Grafologie von unserer Redaktion hat Aufzeichnungen sogenannter Jahrhundertfiguren ausgewertet und stiess dabei auf eine Melange aus Epochalem und Alltäglichem. Blähungen und Hämorriden vermählen sich mit Visionen, Revolutionen oder Gesundheitsstrukturförderrichtlinien.



   So schrieb der Führer in den "Stern"-Tagebüchern aus dem Jahr 1933: "Montag - Regen - den ganzen Tag zu Hause geblieben. Abends Reichtagsbrand." In den Aufzeichnungen Oskar Lafontaines aus dem vergangenen Jahr heisst es: "Neue Gesichtscreme ausprobiert, Teint geht jetzt ins Fliederfarbene. Abends Solidaritätsmarsch mit Hartz-IV-Empfängern. Ich rosig - alle anderen bleich." Heinrich von Pierer wiederum notiert: "Heute dreitausend Glasperlen für ostafrikanischen Zwergstaat sortiert. Diktator genehmigt Bau von 23 Kraftwerken. Leider noch kein Stromnetz vorhanden. Vertrieb soll Akku-Rasierer liefern. Abends: Drittes Kapitel 'Güte im globalen Wettbewerb' verfasst. Spüre förmlich, wie der Unrat des operativen Geschäfts schriftstellerisch abgewaschen wird." Ein unbekannter Eisbär (domestiziert): "Tausende Besucher nur wegen mir. Heute einmal in die Menge gestürzt - frenetische Begeisterung. Abends: Termin mit Imageberatung und Werbeagentur. Jetzt muss Kohle her, sonst Trennung vom Zoo." Kurt Beck (siehe Bild): "Übergewicht! Mit Heil über Problemzonen in der Partei gesprochen. Rät zum Verzicht auf gekochte Schweinerüssel. Abends: Rieling wie eine gesengte Sau." Angela Merkel: "Koalitionsgespräche über Rente. Mit neuem Dekolleté den Wirtschaftsflügel der Partei so unter Druck gesetzt, dass Unterschrift reine Formsache war. Abends: Kleine Länderregierungschefs gegen die Wand laufen lassen, bis sie aus der Nase bluteten. Drollig!" Edmund Stoiber: "Den ganzen Tag mit Muschi (Anmerkung der Redaktion: Kosenamen für Stoibers Frau) Transrapid gespielt. Huuiiii! Beckstein im Fernsehen gesehen. Widerliche protestantische Krämerseele mit mongolistischen Gesichtszügen. Hätte ihn damals erschiessen lassen sollen. Abends: CSU-Parteitage der letzten 20 Jahre auf Video angeguckt. Muschi schlief." Günter Öttinger: "Ht wdr 35 Trm drgzgn. Schlfjtz m Krwt. Sprt Zt. (Übersetzung der Redaktion: Heute wieder 34 Termine durchgezogen. Schlafe jetzt mit Krawatte - spart Zeit.) Abends: srtutzzhk. (Anmerkung der Redaktion: Muss noch entschlüsselt werden.)

   Sollten Ihnen, liebe Leser, auf dem Dachboden einige vergammelte Hefte mit Signaturen in die Hände fallen, die aussehen, als stammten sie von Stalin oder Ulli Hoeness, schicken Sie uns ein paar. Wir bringen sie ganz gross raus.
 

 

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